(5.10.2017) Stürzt eine Reiterin auf einem Pferd, das ihr im Rahmen einer sog. Reitbeteiligung von der Eigentümerin gegen Entgelt tageweise überlassen wurde, so haftet die Eigentümerin des Pferdes als Tierhalterin für diesen Unfall - hier erlitt die Reiterin eine Querschnittslähmung. Der Unfall hat für die Eigentümerin erhebliche wirtschaftliche Folgen (Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 29.3.2017 – 4 U 1162/13).

 Sturz vom PferdDer Fall:

Zwischen einer Reiterin und der beklagten Eigentümerin des Pferdes S bestand eine Vereinbarung dahingehend, dass die Reiterin das Pferd an drei Tagen pro Woche nach Belieben ausreiten durfte und hierfür monatlich 100,00 Euro an die Beklagte zu zahlen hatte.

Die Geschädigte stürzte im September 2009 gegen tagsüber bei einem solchen Ausritt auf der Koppel von dem Pferd und erlitt eine Querschnittslähmung.

Die Krankenkasse der Reiterin macht nun Schadensersatzansprüche gegen die Eigentümerin des Pferdes geltend. Deren Haftpflichtversicherung deckt solche Schäden aber nicht ab.

Nach Angaben der Krankenkasse habe sich der Unfall auf der eingezäunten Koppel so zugetragen, dass das Pferd unerwartet durchgegangen sei, den Kopf nach vorne gerissen und die Reiterin abgeworfen habe, woraufhin diese kopfüber zu Boden gestürzt sei. Der genaue Hergang des Unfalls lässt sich nicht mehr klären. Im Zusammenhang mit dem Unfall sind der Krankenkasse Kosten für die Heilbehandlung und Pflege sowie für Krankengeld von bislang rund 130.000 Euro entstanden.

Die Entscheidung:

Das OLG bestätigte die Ansprüche des Krankenkasse auf Zahlung dieser Behandlungskosten - wegen eines Mitverschuldens der Reiterin allerdings nur  in Höhe von 50 % der Kosten:

Die Vereinbarung einer Reitbeteiligung zwischen einer Pferdehalterin und einer Reiterin, die es der Reiterin erlaubt, gegen Zahlung eines regelmäßigen Entgelts und Mithilfe im Stall an festgelegten Tagen selbständige Ausritte mit dem Pferd machen zu dürfen, begründet keine Mithaltereigenschaft der Reiterin. Eine derartige Reitbeteiligung rechtfertigt auch dann nicht ohne weiteres die Annahme eines konkludent vereinbarten Haftungsausschlusses, wenn Unfälle im Rahmen einer Reitbeteiligung vom Versicherungsschutz der Pferdehalterin ausgenommen sind. Stürzt die Reiterin bei einem selbständigen Ausritt vom Pferd und kann sie sich nicht entlasten, so ist bei der Prüfung ihrer Ersatzansprüche gegen die Pferdehalterin ein vermutetes Mitverschulden der Reiterin als Tieraufseherin anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Bei Unaufklärbarkeit der näheren Umstände des Sturzes können die Haftungsanteile der Halterin und der Reiterin gleich hoch zu bewerten sein (50:50). 

Praxishinweis: 

Stürze vom Pferd kommen immer wieder vor. Pferdebesitzer, die andere auf ihrem Pferd reiten lassen, sollten sicher stellen, dass ihre Haftpflichtversicherung Schäden Dritter nach Stürzen abdeckt. Gegebenenfalls ist eine Erweiterung der Versicherung zu vereinbaren.

Andernfalls kann zwischen Eigentümer und Reiter auch eine Haftungsfreizeichnung bzw. ein Haftungsausschlusses schriftlich vereinbart werden. Keinesfalls sollte aber sollten Reitbeteiligungen einfach so per Handschlag vereinbart werden. Die Haftungsfolgen eines Sturzes sind immens, wie dieser Fall vor Augen führt. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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