(14.8.2017) Der Patient muss ein berechtigtes Interesse darlegen, wenn er von der Klinik die Namen und Privatadressen der Ärzte genannt bekommen will, die ihn der Klinik behandelt haben. Dazu muss der Patient entweder darlegen, dass diese Ärzte als Anspruchsgegner in Betracht kommen - sprich ihn fehlerhaft behandelt oder falsch aufgeklärt haben können - oder als Zeugen in Betracht kommen. Der Patient kann keine pauschale Auskunft verlangen (OLG Hamm, Urteil vom 14.7.2017 - 26 U 117/16).

Aufnahmen der Wirbelsäule aus den Behandlungsunterlagen der KlinikDas OLG Hamm verneinte den Anspruch einer Patientin auf Auskunft über die Namen und Privatadressen aller Ärzte, die die Patientin in der Klinik behandelt hatten. Denn sie hatte ihr rechtliches Interesse daran nicht dargelegt. 

Die Pressemitteilung des OLG Hamm lautet: 

Krankenhaus muss nicht immer Namen und Anschriften seiner Ärzte mitteilen

Ein Patient kann vom behandelnden Krankenhaus - gegen Kostenerstattung - zwar ohne weiteres die Herausgabe aller Behandlungsunterlagen verlangen. Namen und Anschriften der an seiner Behandlung beteiligten Ärzte muss das Krankenhaus aber nur dann mitteilen, wenn der Patient ein berechtigtes Interesse an diesen Daten nachweist. Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 14.07.2017 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bochum vom 27.07.2016 (Az. 6 O 9 /16 LG Bochum) bestätigt.

Die im Jahre 1984 geborene Klägerin aus Castrop-Rauxel befand sich im Jahre 2012 mehrfach in ambulanter und stationärer Behandlung der beklagten Gesellschaft, die unter anderem ein Krankenhauses in Herne unterhält. In diesem Krankenhaus wurde die Klägerin von Februar bis Juli 2012 stationär behandelt und mehrfach wegen wiederholter Beschwerden an der Wirbelsäule operiert. Nachdem die Klägerin durch anderweitige Behandlungen den Eindruck eines Behandlungsfehlers bei der Beklagten gewonnen hatte, verlangte sie durch ihren Prozessbevollmächtigten die Herausgabe aller Behandlungsunterlagen und die Mitteilung von Namen und Anschriften der an ihrer Behandlung beteiligten Ärzte der Beklagten. Vor Klageerhebung und im Verlauf des erstinstanzlichen Klageverfahrens stellte die Beklagte der Klägerin die Behandlungsunterlagen zur Verfügung, ohne ihr ergänzend die gewünschten Daten zu den behandelnden Ärzten mitzuteilen.

Neben ihrer Auskunftsklage hatte die Klägerin beim Landgericht Bochum 2016 einen Arzthaftungsprozess gegen die Beklagte angestrengt (Az. 6 O 19/16 LG Bochum), der sich derzeit im Stadium der Beweisaufnahme befindet.

Das im vorliegenden Rechtsstreit verfolgte Begehren der Klägerin, ihr die vollständigen Namen und Anschriften der in ihrer Behandlung bei der Beklagten beteiligten Ärztinnen und Ärzte mitzuteilen, ist erfolglos geblieben. Nach der Entscheidung des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm steht der Klägerin ein derartiger Auskunftsanspruch nicht zu.

Ein Patient könne von seiner Klinik, so der Senat, aufgrund des Behandlungsvertrages nur dann Auskunft über Namen und Anschriften der behandelnden Ärzte verlangen, wenn er ein berechtigtes Interesse an diesen Daten nachweise. Dazu müsse er darlegen, dass diese als Anspruchsgegner wegen eines Behandlungs- oder Aufklärungsfehlers oder als Zeugen einer Falschbehandlung in Betracht kommen könnten. Ohne weiteres habe er dagegen keinen Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschriften aller Ärzte und Pfleger, die ihn während seines Krankenhausaufenthaltes betreut hätten. Im vorliegenden Fall verlange die Klägerin pauschal generelle Auskünfte. Auf diese habe sie keinen Anspruch. Eine Auskunft auf konkrete Anfragen habe die Beklagte zudem zugesagt. Darüber hinaus könne sich die Klägerin aus den ihr zugänglich gemachten Behandlungsunterlagen bereits so informieren, dass sie auch gegen die sie - nach ihrer Auffassung fehlerhaft - behandelnden Ärzte der Beklagten Klage erheben könne.

Praxisanmerkung:

Diese Entscheidung des OLG Hamm liegt auf der Linie des Bundesgerichtshofs:

Nimmt ein Patient einen Klinikträger sowie einen bei ihm angestellten Arzt auf Schadensersatz in Anspruch und ist die Klage gegen den Arzt unter der Adresse des Klinikträgers zugestellt worden, hat der Patient keinen Anspruch gegen den Klinikträger, ihm die Privatanschrift des Arztes mitzuteilen. Die begehrte Auskunft ist zur Verfolgung von Ansprüchen gegen den Arzt nicht erforderlich. Die Klage gegen den Arzt kann auch an die Klinik als Arbeitgeber zugestellt werden. Diese Auskunft ist zudem dem Klinikträger aus Rechtgründen nicht zumutbar, denn die datenschutzrechtliche Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG steht der Auskunftserteilung entgegen. Die Information über die Privatadresse des Arztes erfordert ein rechtliches Interesse des Patienten (BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – VI ZR 137/14 –, juris). 

Einen Informationsanspruch bejahen im Übrigen, soweit ein Interesse dargelegt wird: OLG Düsseldorf v. 28.07.1983 - 8 U 22/83 - NJW 1984, 670-671; für einen mittlerweile aus dem Krankenhaus ausgeschiedenen Mitarbeiter auch OLG Frankfurt v. 23.09.2004 - 8 U 67/04 - juris Rn. 15 - VersR 2006, 81-82. Einen Informationsanspruch verneinen dagegen: für eine bloße Ausforschung zum Zwecke weiterer Ermittlungen OLG Düsseldorf v. 30.01.2003 - 8 U 62/02 - juris Rn. 32 - VersR 2005, 694-695; sowie verneinend für die bloße Klärung des Haftungsgrundes OLG Koblenz v. 15.01.2004 - 5 U 1145/03 - juris Rn. 32 - VersR 2004, 1323-1324. 

Die Rechtsprechung des BGH ist kritisch zu bewerten. Sie beschneidet die Auskunftsrechte des Patienten, der strukturell der Klinik in fast jeder Hinsicht unterlegen ist. Man muss hier unterscheiden:

  • Hinsichtlich des Namens des Arztes gilt: Der Patient kann einen Arzt nur dann zur Rechenschaft ziehen oder als Zeuge in einem Arzthaftungsverfahren gegen die Klinik oder gegen andere Ärzte benennen, wenn er seinen Namen kennt. Aus den Krankenunterlagen, deren Kopien der Patient nach § 630 g BGB verlangen kann, ergeben sich aber nicht zwangsläufig die Namen aller behandelnden Ärzte. Oftmals ergeben sich daraus nur die Nachnamen, während die Vornamen fehlen. Verklagen kann man jemanden aber nur unter Nennung des vollen Namens. In den Krankenunterlagen sind Ärzte oft auch nur anhand einer (oft auch nur als Kürzel angegebenen) Unterschrift erkennbar - dies liefert dem Patienten aber zu wenig Informationen, um den betreffenden Arzt zu identifizieren. Dann sind Nachfragen erforderlich, die der nicht anwaltlich vertretene Patient scheuen wird. Die Klinik muss daher aus meiner Sicht dem Patienten die vollen Namen aller Ärzte nennen, die den Patienten behandelt haben. Und dies ohne Darlegung eines gesonderten rechtlichen Interesses. 
  • Hinsichtlich der Privatadresse muss meiner Meinung nach weiter unterschieden werden:
    Arbeitet der Arzt noch in der Klinik, besteht kein Anspruch auf Mitteilung der Privatadresse. Die Klinik muss dem Patienten dann aber mitteilen, dass der Arzt noch in der Klinik tätig ist. Der Patient kann dann in der Klageschrift angeben "Dr. ........., zu laden über die Klinik XYZ".
    Arbeitet der Arzt nicht mehr in der Klinik, muss die Klinik dem Patienten nach § 630 g BGB die zuletzt bekannte Privatadresse des Arztes mitteilen.

Den Patienten ist daher zu raten, ihr rechtliches Interesse an der Namens- und Adressnennung so gut es geht mit dem Auskunftsbegehren darzulegen und sie zu bittten mitzuteilen, ob die Ärzte noch in der Klinik tätig sind. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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