(01.12.2016) Die Pflicht zum ärztlichen Notdienst (Bereitschaftsdienst) betrifft insbesondere gemäß § 1 Abs. 1 e) NDO (NRW) i.V.m. § 31 HeilBerG auch die niedergelassenen Privatärzte. Die Abrechnung gegenüber gesetzlich versicherten Notdienstpatienten wird gewährleistet, indem die Kassenärztliche Vereinigung dem Privatarzt zu diesem Zweck eine Abrechnungsnummer erteilt. Dass der Arzt hier bereits acht Jahre vom Notdienst verschont blieb, begründet keinen Vertrauenstatbestand, der ihn nun vor dem Notdienst schützt. Und dass dem Arzt vor Jahren die KV-Zulassung entzogen wurde bedeutet nicht, dass er nun "ungeeignet" ist, am Notdienst teilzunehmen. Der Arzt kann auch die Ungeeignetheit nicht durch Urteil feststellen lassen (Verwaltungsgericht Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 21. November 2016 – 7 K 3288/16). 

Hilfe durch den ärztlichen Notdienst - auch Privatärzte müssen teilnehmenDer Fall:

Einem niedergelassener Facharzt für Innere Medizin wurde 2008 die Zulassung wegen Abrechnungsfehlern entzogen. Seitdem ist er als Privatarzt tätig. Im Jahr 2015 wurde er erstmalig zum Notdienst herangezogen (drei Mal im Jahr). Dagegen richtet sich seine Klage.

Er sei ausschließlich in privatärztlicher Praxis tätig und habe keine Kassenzulassung. Diese sei ihm auf Betreiben der Kassenärztlichen Vereinigung O. mit Bescheid entzogen worden mit der Begründung, er sei zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet. Man habe ihm Abrechnungsmanipulationen vorgeworfen. Die damals festgestellte Ungeeignetheit bestehe nach wie vor. Wenn er aber einerseits zur vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet sei, könne man ihn nicht andererseits zur notfallärztlichen Versorgung heranziehen. Dies sei ein Ausschlusskriterium gemäß § 4 Abs. 2 der Notfalldienstordnung der kassenärztlichen Vereinigung O. und der Ärztekammer O. (§ 5 Abs. 2 der aktuellen Fassung). Hinzu komme, dass er mangels Kassenarztzulassung seine im Rahmen der notfallärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen gegenüber den Krankenkassen nicht abrechnen könne. Er könne nur privat abrechnen, wohingegen gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung - auch im Rahmen des ärztlichen Notdienstes - hätten. Er sei daher gezwungen, seine diesbezüglichen Leistungen honorarfrei zu erbringen, was man ihm nicht zumuten könne. Der angefochtene Bescheid sei daher aufzuheben.

Die Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. 

Diese Notdienstpflicht betrifft insbesondere gemäß § 1 Abs. 1 e) NDO die niedergelassenen Privatärzte, zu denen der Kläger gehört. Nicht am Notfalldienst beteiligt sind danach nur Krankenhausärzte, Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst und Ärzte, die ihre Berufstätigkeit nicht ausüben. Da der Kläger dieser Gruppe nicht angehört und eine dritte Gruppe im ärztlichen Berufsrecht nicht vorgesehen ist, ist er als niedergelassener Arzt anzusehen, der zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichtet ist.

Eine Kassenzulassung ist nicht Voraussetzung für die Teilnahmeverpflichtung. Vielmehr ist den Kassenpatienten für den Fall der Notfallbehandlung eigens die Möglichkeit eingeräumt, sich auch durch einen Privatarzt behandeln zu lassen, vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die Heranziehung auch von Privatärzten durch die genannte Vorschrift und die weitergehenden Konkretisierungen durch Berufsordnung und NDO ist mit dem Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar und deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, die Privatärzte von der Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung außerhalb der regulären Praxiszeiten auszunehmen.

Der Kläger kann sich ferner nicht auf die Ungeeignetheit zur Teilnahme am Notdienst im Sinne des § 5 NDO berufen. Denn er ist nicht ausdrücklich vom Vorstand der Ärztekammer wegen Ungeeignetheit vom Notdienst ausgeschlossen worden. 

Der Kläger kann auch nicht auf Feststellung der Ungeeignetheit klagen. Insbesondere ist diese Ungeeignetheit nicht zwingende Folge des durch den mit Bescheid der Kassenärztlichen Vereinigung vom 21. Februar 2008 erfolgten Entzug der Kassenzulassung wegen des Vorwurfs des Abrechnungsbetruges, weil das Risiko eines weiteren Abrechnungsbetruges schon wegen der nur selten stattfindenden Notdienste deutlich geringer sein dürfte als bei einer regelmäßigen Kassentätigkeit.

Praxisanmerkung:

Das VG hat das unsoziale Verhalten des Privatarztes zu Recht nicht toleriert. Ein praktizierender Arzt, der ungeeignet ist Kassenpatienten zu behandeln (und ordnungsgemäß abzurechnen), ist nicht auch ungeeignet, drei Mal im Jahr ärztliche Notdienste zu fahren. Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun.  

Viele gesetzlich versicherte Patienten wissen gar nicht, dass es einen kostenlosen ambulanten ärztlichen Notdienst gibt. Wenn sie abends oder am Wochenende krank werden, stellen sich diese Patienten dann in den Notaufnahmen der Kliniken vor. Diese ächzen unter der Belastung, die durch die Behandlung vieler "leichter" Fälle entsteht, die an sich nicht in die Notaufnahme gehören. Die Kliniken sollen nur lebensbedrohliche Fälle versorgen, die übrigen Fälle sind gesetzliche Aufgabe der niedergelassenen Ärzte.

Den Patienten ist gar nicht bewusst, dass sie den ärztlichen Notdienst der KV ganz einfach anrufen können und dann kommt ein Arzt zu ihnen und untersucht und behandelt sie zuhause, was sowohl bequemer ist als ein Klinikbesuch, als auch sicherer, weil man sich nicht auch noch bei anderen Patienten anstecken kann. Patienten können den bundesweiten Notdienst unter der Telefonnummer 116 117 erreichen und dann kommt der Notdienst zu ihnen. Berliner Patienten können auch die 030 31 00 31 anrufen, um den Berliner KV-Notdienst zu erreichen. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
Witzlebenstraße 3 - 14057 Berlin - Tel: (030) 536 47 749
E-mail: mail@christmann-law.de