Eine gesetzlich versicherte Patientin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 SGB V für eine Fettabsaugung (Liposuktion bei Lipödem) in einer Privatklinik (SG Stade, Beschluss vom 8.8.2016 - S 29 KR 31/14).

Fettschürzen am OberschenkelDer Fall:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine in einer Privatklinik durchgeführte Liposuktion bei Lipödem. Die 1957 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Krankheit versichert. Im Anschluss an eine im Jahre 1985 stattgehabte Schwangerschaft war es bei der Klägerin zu einer Gewichtszunahme und zu einer nachfolgend verbliebenen Gewebevermehrung vor allem am Gesäß und an den Oberschenkeln gekommen. Der Versuch, den Erscheinungen im Wege einer Diät entgegenzuwirken, blieb ohne Erfolg. Am 11. Juni 2013 ging bei der Beklagten der Antrag der Klägerin ein, die Kosten für eine in der J. in K. durchzuführende Liposuktion zu übernehmen. Die J. ist eine Privatklinik mit einer Konzession nach § 30 Gewerbeordnung, aber ohne Zulassung nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) oder Verträge mit gesetzlichen Krankenkassen.

Die Entscheidung:

(Ein) Kostenerstattungsanspruch (setzt) voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu denjenigen zählt, die die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (so BSG-Urteil vom 12. September 2015, Az. B 1 KR 15/14 R). Die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung zählt dazu nicht: Denn die Krankenkassen dürfen gemäß § 108 SGB V Krankenhausbehandlungen nur in sogenannten zugelassenen Krankenhäusern erbringen. Zu diesen zugelassenen Krankenhäusern gehören lediglich: 1. Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt worden sind, 2. Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser) und 3. Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

Die von der Klägerin hier gewählte J. in K. ist keiner der Alternativen 1.-3. zuzuordnen. Vielmehr handelt es sich bei der Hanse-Klinik um eine Privatklinik, die (nur) eine Konzession nach § 30 Gewerbeordnung besitzt. Eine solche Privatklinik ist nicht in das geschlossene System der Krankenversorgung nach dem SGB V eingebunden. Weder sind Privatkliniken im Rahmen eines Versorgungsauftrages zur Behandlung Versicherter verpflichtet, noch unterliegen sie Bewertungen ihrer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, Prüfungen durch den MDK und Maßgaben der Abrechnungen nach DRG-Fallpauschalen (dazu nur ergänzend: von Dr. C. für die Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus aufgezeigte DRG J 10 B anstelle DRG K 07 Z).

Eine die Klägerin unangemessen benachteiligende Lage ergibt sich aus der Beschränkung auf zugelassene Leistungserbringer und Krankenhäuser nicht: Die zusammenfassende Würdigung des medizinischen Sachverhalts legt es zunächst nahe, vorrangig vor einer stationär durchzuführenden Fettabsaugung mildere und kostengünstigere Behandlungswege zu beschreiten. Solche Behandlungswege hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die Ausführungen des MDK (Dr. L.) vom 1. Juli 2013 bereits in ihrem Ablehnungsbescheid vom 3. Juli 2013 aufgezeigt. Dr. C. ist darauf in seinem Gutachten vom 16. April 2016 eingegangen und hat unter anderem erklärt, der Klägerin hätten insbesondere Lymphdrainagen und eine Kompressionstherapie zur Verfügung gestanden. Auf derartige Maßnahmen könne sie auch heute noch zurückgreifen. Darüber hinaus steht der Klägerin offen, nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser in Anspruch zu nehmen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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