Weil der Honorararzt kein Wahlarzt im Sinne des § 17 III KHEntgG ist, muss eine private Krankenversicherung die Wahlleistungsentgelte des Honorararztes nicht begleichen, auch wenn der vereinbarte Versicherungstarif die Erstattung von Kosten für Wahlarztbehandlungen vorsieht (AG München, Urteil vom 6.5.2014 - 283 C 15692/11).

Zahnschema BruckenDer Fall:

Der Kläger begehrt die Erstattung privatärztlicher Behandlungskosten aus Krankversicherungsvertrag.

Der Kläger ist gesetzlich krankenversichert. Er ist bei der Beklagten über einen Krankenversicherungsvertrag zusatzversichert nach Tarif 721. Nach Teil III 2.1 der Tarifbedingungen werden Aufwendungen für wahlärztliche oder belegärztliche Behandlungen mit Ausnahme von Zuzahlungen im Sinne von § 61 StGB V die in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Versicherte zu leisten haben zu 100 % erstattet. Nach Teil III Nr. 3.a sind erstattungsfähig bei medizinisch notwendiger Heilbehandlung (...) die Aufwendungen für Leistungen der Belegärzte, die nach der geltenden Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) berechenbar sind sowie wahlärztliche Leistungen, die nach der GOÄ berechenbar sind (Teil III 3.b). Wegen der Einzelheiten wird auf die mit der Klageerwiderung vorgelegten Tarifbedingungen nebst AVB (Anlagenkonvolut B 1; Blatt 16/38 plus Anlagen) der Akten verwiesen.

Der Kläger hat sich wegen Schlafstörungen in die Behandlung von ... ... in ... begeben. Am 23.11.2007 und am 18.11.2008 hat der behandelnde Arzt beim Kläger zwei Kieferoperationen durchgeführt mit dem Ziel, Schlafstörungen (Apnoe) zu beseitigen. Die Operationen wurden jeweils stationär durch ... in der ... Klinik durchgeführt.

Der behandelnde Arzt stellte dem Kläger für die erste Operation Behandlungskosten in Höhe von EUR 6.823,22 und für die zweite Operationen Behandlungskosten in Höhe von EUR 2.141,10 in Rechnung. Auf die erste Rechnung vom 28.05.2008 hat die Beklagte insgesamt EUR 2.329,70 erstattet. Dem Kläger wurden auf diese Rechnung vom Krankenhaus ein Betrag in Höhe von EUR 481,26 erstattet. Hinsichtlich der Rechnung vom 13.06.2008 über EUR 2.141,10 nahm die Beklagte Kürzungen in Höhe von EUR 644,26 vor. Wegen der Einzelheiten der vorgenommenen Abzüge wird auf die Klageerwiderung nebst Anlagen (Blatt 16/38 plus Anlagen d.A.) verwiesen. Wegen der Einzelheiten der erbrachten Leistungen wird auf die Klageschrift vom 21.06.2011 (Blatt 1/10 plus Anlagen d.A.) verwiesen, insbesondere auf die als Anlage K 1 und K 2 vorgelegten Rechnungen des ... vom 30.11.2007 sowie 13.06.2008. Bei der ... handelt es sich um ein Krankenhaus im Sinne des Krankenhausentgeltgesetz. Zwischen ... und dem Krankenhaus ist unter dem 02.04.2001/27.03.2001 die als Anlage zum Schriftsatz der Klagepartei vom 11.10.2011 (Blatt 41/46 plus Anlagen d.A.) vorgelegte Vereinbarung zustande gekommen. Wegen der Einzelheiten wird auf den genannten Vertrag verwiesen. Mit dem als Anlage K 9 zur Klage vorgelegten Schreiben des ... teilt dieser mit, dass er kein Belegarzt sei, sondern wahrscheinlich am ehesten unter dem Begriff Konsiliararzt falle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen K 9 verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag zur Erstattung des restlichen Arzthonorars verpflichtet sei. Die abgerechneten Leistungen seien sämtlichst medizinisch notwendig und auch zutreffend gesondert berechnet worden. Ein Verstoß gegen das Zielleistungsprinzip der GOÄ liege nicht vor. Die Beklagte sei auch zur Erstattung der Gebühren insoweit verpflichtet, als die Abrechnung nach GOZ erfolge. Es handele sich insoweit um Begleitbehandlungen der vorgenommenen ärztlichen Behandlung, nicht um zahnärztliche Behandlungen. Die Kosten für belegärztliche Behandlungen seien tarifgemäß zu erstatten. ... handele es sich um einen Belegarzt der ... .

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 2.492,70 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-​Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass jedenfalls über die bereits erfolgten Erstattungsleistungen ein weiterer Erstattungsanspruch nicht bestehe. Bei den nach GOZ-​Nummern abgerechneten Leistungen handele es sich um nicht versicherte Leistungen. Ein Anspruch auf Erstattung von Sachkosten bestehe nicht, nachdem diese mit den allgemeinen Krankenhauskosten abgegolten seien. Im Übrigen stehe, soweit der Kläger weitere Erstattung fordere, ein Verstoß gegen das Zielleistungsprinzip der gesonderten Berechnung entgegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung und ihre weiteren Schriftsätze verwiesen. Schließlich sei sie nicht zur Erstattung verpflichtet, weil es sich weder um wahlärztliche Leistungen, noch um Leistungen eines Belegarztes handele. ... sei weder liquidationsberechtigter Arzt des Krankenhauses noch ein Belegarzt.

Es wurde Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ... gemäß Beweisbeschluss vom 28.10.2011 sowie 13.12.2011. Der Sachverständige erstattete unter dem 07.05.2012 (Blatt 77/90 d.A.) sein Gutachten sowie unter dem 08.10.2012 (Blatt 108/112 d.A.) ein Ergänzungsgutachten. In der Sitzung vom 12.07.2013 (Blatt 151/155 d.A.) wurde der Sachverständige ergänzend angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird insoweit auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Mit Beweisbeschluss vom 12.07.2013 (Blatt 156/159 d.A.) wurde erneut ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wegen des Beweisthemas wird auf den vorgenannten Beschluss verwiesen. Unter dem 05.09.2013 (Blatt 172/176 nebst Anlagen d.A.) erstattete der Sachverständige ... sein weiteres Gutachten. Der Zeuge ... wurde gemäß Beweisbeschluss vom 12.07.2013 (Blatt 156/159 d.A.) schriftlich einvernommen. Wegen des Beweisthemas wird auf den Beweisbeschluss verwiesen. Unter dem 10.09.2013 (Blatt 170 d.A.) sowie 28.10.2013 nahm der Zeuge schriftlich Stellung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens und zur Ergänzung des Tatbestandes wird ergänzend Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 27.09.2011, 12.07.2013, 06.05.2014 sowie die sonstigen Aktenbestandteile.

Die Entscheidung: 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Dem Kläger kann die geforderte Erstattung restlichen Arzthonorars aus keinem Rechtsgrund verlangen. Die Beklagte ist insbesondere nicht zur Erstattung aus dem zwischen den Parteien bestehenden Krankenversicherungsvertrag verpflichtet. Nach Teil III des Tarifs, Nr. 2.1 erstattet die Beklagte bei stationärer Heilbehandlung u. a. 100 % der Aufwendungen für wahlärztliche oder belegärztliche Behandlungen. Bei den noch streitigen Positionen handelt es sich jedoch weder um Aufwendungen für wahlärztliche Behandlungen, noch um solche für belegärztliche Behandlungen. Soweit der Kläger nicht zur Zahlung des Honorars verpflichtet ist, braucht die Beklagte auch nichts zu erstatten.

Eine wahlärztliche Behandlung ist im Streitfall zu verneinen. Nach § 2 Abs. 1 KHEntgG umfasst der Begriff "Krankenhausleistungen" als Oberbegriff die "allgemeinen Krankenhausleistungen" und die "Wahlleistungen". Den Regelungen des § 17 KHEntgG entsprechend lassen sich die "Wahlleistungen" untergliedern in wahlärztliche Leistungen, medizinische Wahlleistungen und nicht-​ärztliche Wahlleistungen. Hinsichtlich der wahlärztlichen Leistungen bestimmt § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG, dass sich eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses erstreckt, soweit diese zu gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses.

Im Streitfall ist der Behandler unstreitig weder beamteter noch angestellter Arzt der Klinik. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Behandler als externer Wahlarzt auf Veranlassung eines solchen internen Wahlarztes tätig geworden wäre (Wahlarztkette). Zudem spricht § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG im Zusammenhang mit externen Wahlärzten von im Einzelfall "veranlassten Leistungen". Die Einbindung externer Wahlärzte erfolgt grundsätzlich aufgrund medizinischer Notwendigkeit im Laufe der Behandlung. Davon kann jedoch im Streitfall nicht die Rede sein. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aufgrund der schriftlichen Zeugenaussage des Behandlers fest, dass ausschließlich er u. a. die Indikation zur Operation gestellt hat, die Operation geplant und ausgeführt hat, sowie die Nachsorge im Krankenhaus durchführt. Soweit wahlärztliche Leistungen außerhalb der "Wahlarztkette" i. S. d. § 17 Abs. 3 KHEntgG erbracht werden, so scheidet eine Abrechnung aus, da die preisrechtliche Vorschrift des § 17 KHEntgG zwingend ist, vgl. Bender. Honorararzt und wahlärztliche Leistungen, GesR 8/2013, 449/453, 450; zu einem vergleichbaren Fall: LG München I, 9 S 9168/13, Urteil vom 09.12.2013 (zit. nach juris). Vorstehendes gilt gleichermaßen, soweit man die Stellung des Behandlers als Konsiliararzt einordnen wollte. Es ist, wie bereits ausgeführt, keineswegs so, dass der Behandler von einem liquidationsberechtigten Arzt des Krankenhauses lediglich in einer speziellen Behandlungssituation zur Beratung oder Erörterung zumeist ungeplant hinzugezogen worden wäre. Hinzukommt, dass wahlärztliche Leistungen als allgemeine Krankenhausleistungen gem. § 2 Abs. 1 KHEntgG immer im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses erfolgen müssen. Die im Streitfall durchgeführten kieferchirurgischen Maßnahmen sind indessen weder vom Spektrum der Hauptabteilungen noch der Belegabteilungen des Krankenhauses umfasst. Insoweit ist bezeichnend, dass der Behandler in seiner schriftlichen Zeugenaussage angibt, gar nicht zu wissen, in welcher Abteilung die von ihm durchgeführte Operation stattgefunden hat. Es bestätigt sich damit, dass er nicht von einem liquidationsberechtigten Arzt als externer Wahlarzt oder Konziliararzt hinzugezogen worden ist. Soweit aber eine wirksame Wahlarztkette nicht vorliegt, handelt es sich um eine Regelleistung, die nicht gesondert zu vergüten ist.

Es liegt im Streitfall auch keine belegärztliche Behandlung vor. Nach § 18 Abs. 1 1 KHEntgG (s. a. § 121 Abs. 2 SGB V) sind Belegärzte nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste. Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Bei belegärztlichen Leistungen handelt es sich nicht um Leistungen, die zu den Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 1 2 KHEntgG gehören und die Vorhaltung entsprechender Belegabteilungen voraussetzen, § 18 Abs. 1 2 KHEntgG. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Behandler kein Belegarzt i. S d. § 18 KHEntgG ist. So existiert nach der Aussage des Behandlers am Krankenhaus keine Belegarztabteilung für MKG-​Chirurgie. Für den Behandler werden keine Belegbetten vorgehalten. Auch besteht kein belegärztlicher Bereitschaftsdienst in welchen der Behandler eingebunden wäre. Eine Liquidation als Belegarzt scheidet damit aus.

Zwar mag es sein, dass vorgenannte Umstände für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht erkennbar ist. Die Beklagte braucht indessen nur zu leisten, soweit der Kläger als Versicherungsnehmer zu Recht in Anspruch genommen ist. Liegen aber die Voraussetzung für eine gesonderte Liquidation gem. §§ 17, 18 KHEntgG nicht vor, so kann der Behandler keine Vergütung verlangen, vgl. LG München I, a.a.O.

Es kommt demnach nicht mehr darauf an, ob die erbrachten ärztlichen Leistungen ansonsten ordnungsgemäß abgerechnet worden sind. Darauf, dass das Gericht an der mit Beschluss vom 25.01.2013 u. U. nicht mehr festzuhalten gedenkt, sind die Parteien in der Sitzung vom 06.05.2014 hingewiesen worden.

Mangels Begründetheit der Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 3 ZPO.

Anmerkung:

Die Entscheidung folgt der strengen Sichtweise des § 13 KHEntgG und reiht sich ein in die Rechtsprechung, die Wahlarztbehandlungen nur liquidationsberechtigten Klinikärzten gestattet bzw. dann anerkennt, wenn externe Ärzte Leistungen aufgrund einer Veranlassung durch einen liquidationsberechtiogten Klinikarzt erbracht haben.

Wer als niedergelassener Arzt in einer Klinik operieren will, hat es also schwer. Gestaltungsmöglichkeiten gibt es gleichwohl, insbesondere, wenn der Arzt besondere OP-Methoden oder Alternativleistungen anbieten kann.     

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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