Die beharrliche Nichterfüllung der ärztlichen Fortbildungspflicht rechtfertigt die Entziehung der Zulassung. Ärztliche Fortbildungen, die nach der zweijährigen Nachfrist erbracht werden sind - wie auch schon vom Bundessozialgericht entschieden - im Gerichtsverfahren gegen die Entziehung der Zulassung nicht zu berücksichtigen (SG Marburg, Gerichtsbescheid vom 23.5.2016 - S 12 KA 2/16).

Fortbildungsveranstaltungen und Fortbildungspunkte ArztDer Fall:

Der 48-jährige Kläger war als Facharzt für Neurochirurgie vom 25.09.2007 bis zum 12.02.2008 ermächtigt und ist seit 01.04.2008 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. 

Die zu 1) beigeladene KV Hessen wies den Kläger unter Datum vom 18.05.2012 darauf hin, dass bisher kein Nachweis auf Fortbildung für den Zeitraum 25.09.2007 bis 11.11.2012 vorliege und drohte Honorarkürzungen an. Die Beigeladene zu 1) teilte dem Kläger unter Datum vom 02.10.2012 mit, er habe seine Fortbildungspflicht immer noch nicht erfüllt. Von 250 erforderlichen Fortbildungspunkten habe er erst 84 Punkte erreicht. Erneut wurde er auf mögliche Honorarkürzungen hingewiesen. Es folgten weitere schriftliche Ermahnungen. 

Am 02.06.2015 beantragte die Beigeladene zu 1) wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht die Entziehung der Zulassung.

Der Kläger teilte mit Datum vom 19.06.2015 mit, es treffe zwar zu, dass er bisher die Fortbildungspflicht nicht erfüllt habe. Er sei im Jahr 2014 für mehrere Fortbildungen angemeldet gewesen, dann aber im Juni und Oktober 2015 (gemeint wohl 2014) zu stationären Aufenthalten gezwungen gewesen. Er sei letztlich mehr als sechs Monate arbeitsunfähig gewesen und habe die geplanten Fortbildungen absagen müssen. Die Teilnahme an Fortbildungen und Kongressen sei danach erst einmal nicht möglich gewesen. Er bitte darum, die fehlenden Nachweise bis Ende 2015 nachreichen zu können. 

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen entzog mit Beschluss vom 23.06.2015 die vertragsärztliche Zulassung des Klägers.

Gegen diese Entscheidung klagte der Arzt schließlich. 

Die Entscheidung:

Das SG Marburg wies die Klage zurück.

Der klagende Arzt hat innerhalb der bis zum 11.11.2012 laufenden Fünf-Jahres-Frist und der bis zum 11.11.2014 laufenden zweijährigen Nachfrist einen Nachweis über seine Fortbildung nur im Umfang von 106 bzw. 173 Fortbildungspunkten anstatt der erforderlichen 250 Fortbildungspunkte erbracht, d. h. nur im Umfang von 42,2 % bzw. 69,2 %. Die beklagte KV hat den Arz vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist und auch der zweijährigen Nachholfrist mehrfach darauf hingewiesen, auch erfolgte innerhalb der Nachfrist und danach die gesetzlich vorgeschriebene Honorarkürzung.

Der Kläger hat dies alles offensichtlich ignoriert. Nach Ablauf der zweijährigen Nachholfrist fehlten dem Kläger weiterhin 77 Fortbildungspunkte bzw. nahezu 1/3 der geforderten Punktezahl, so dass es sich auch nicht um nur noch wenige Stunden handelte (hätten nur wenige Stunden gefehlt, so hätte eine Ausnahme gemacht werden können). Aus dem Vortrag des Klägers wird nicht ersichtlich, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sein sollte, wenigstens innerhalb der Nachfrist die fehlende Fortbildung noch zu absolvieren. Die vom Kläger beauptete durchgehende Arbeitsunfähigkeit ab Juni 2014 oder eine längere Arbeitsunfähigkeit innerhalb der Nachfrist ist nicht belegt. An die Beigeladene zu 1) wurden die behaupteten Fehlzeiten auch nicht gemeldet. Auch hat der Kläger während der Nachfrist durchgehend Honorarabrechnungen eingereicht. Im Übrigen hätte der Kläger bei längeren Fehlzeiten das Ruhen der Zulassung beantragen können.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche und tatsächliche Beurteilung von Entziehungsentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung; maßgeblich ist also nicht der (deutlich später gelegene) Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung.

Anmerkung:

Wer unverschuldet, beispielsweise durch Krankheit nicht in der Lage ist, sich fortzubilden, muss weder Honorarkürzungen noch Zulassungsentziehungen wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht fürchten (bei längeren Fehlzeiten sollte er einen vertreter einsetzen oder seine Zulassung ruhend stellen lassen). Es bringt aber nichts, Erkrankungen aufzubauschen, wenn man trotz angeblicher dauerhafter Erkrankungen weiter Patienten behandelt und vor allem abgerechnet hat.

Die Fortbildungspflicht wird oft stiefmütterlich behandelt. Ärzte sagen immer wieder, sie bildeten sich ja ohnehin mit ihrer täglichen Arbeit praktisch fort. Wie der vorliegende Fall zeigt, sollte man die Fortbildungspflicht aber ernst nehmen und spätestens nach Erhalt der ersten Androhung von Honorarkürzungen Fortbildungen im Terminkalender eintragen.   

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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