Bei gleicher fachlicher Qualifikation zweier Bewerber darf der ältere Bewerber nicht allein aufgrund seines Alters abgelehnt werden. Dies wäre diskriminierend (SG Mainz, Urteil vom 11.5.2016 - S 16 KA 211/14).

Anmerkung:

Die Entscheidung weist - soweit aus der verkürzten Darstellung der Pressemitteilung ersichtlich - zwei Denkfehler auf. Alters-Diskriminierungsgesichtspunkte sind für die Auswahlentscheidung irrelevant, weil die Zulassungsverordnung das Alter das Arztes ja gerade als ein Entscheidungsmerkmal definiert hat. Der Verordungsgeber hat sich also bewusst dafür entschieden, (auch) nach dem Alter zu differenzieren und solche Differenzierungen bringen es notwendigerweise mit sich, dass ein älterer Bewerber unterliegt. Das Gericht wirft dem Berufungsausschuss vor, allein auf das Alter abgestellt zu haben. Dies ist unrichtig, weil der Berufungsausschuss auch auf die berufliche Qualifiikation abstellte bzw. diese in die Gesamtabwägung einbezog, letztlich aber dem Gesichtspunkt der Kontinuität der Patientenversorgung den Vorzug gab.  

Der Fall:

Auf einen Vertragsarztsitz im Fachgebiet Augenheilkunde bewarben sich ein 64-jähriger und ein 74-jähriger Arzt. Der für die Zulassung eines Augenarztes zuständige Ausschuss ging von einer gleichen Qualifikation der Bewerber aus. Da der ältere Bewerber jedoch länger in die Warteliste aufgenommen sei, wurde dieser zunächst zugelassen.

Hiermit gab sich der unterlegene 64-jährige Arzt nicht zufrieden und legte erfolgreich Widerspruch gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses ein.

Der Berufungsausschuss für Ärzte in Rheinland-Pfalz befand zwar, dass sein Konkurrent unter Versorgungsgesichtspunkten sogar besser geeignet sei, stellte jedoch entscheidend darauf ab, dass ein zehn Jahre jüngerer Arzt noch deutlich länger vertragsärztlich tätig sein könne und damit eine bessere Gewähr für eine kontinuierliche Patientenversorgung biete.

Dagegen klagte der 74jährige Arzt. 

Die Entscheidung:

Das Sozialgericht gab der Klage statt und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zurück an den Berufungsausschuss. 

Nach Auffassung des Sozialgerichts ist es zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, bei der Zulassungsentscheidung auf den Altersunterschied abzustellen, allein ausschlaggebend dürfe dieser Aspekt schon aus Diskriminierungsgesichtspunkten jedoch nicht sein. Ein bloßes Abstellen auf den Altersunterschied würde etwa bei einem 35-jährigen und einem 45-jährigen Bewerber zu einer grundsätzlichen Benachteiligung des älteren Bewerbers führen und dabei vernachlässigen, dass der jüngere Bewerber seine Praxis nach einigen Jahren aus persönlichen Gründen einfach verlegen könne. Nur aufgrund eines Altersunterschieds könne daher nicht ohne Weiteres auf eine bessere oder schlechtere Versorgungskontinuität geschlossen werden.

Quelle: Pressemitteilung des SG Mainz Nr. 10/2016 v. 16.06.2016

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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