Neben einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung darf eine vollzeitige Beschäftigung nicht ausgeübt werden (BSG, Urteil vom 22.12.2015 - B 6 KA 5/15 R).

Der Fall:

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer vertragsärztlichen Zulassung als Arzt für Transfusionsmedizin mit hälftigem Versorgungsauftrag. Der Kläger ist Professor im Beamtenverhältnis und Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin an einer medizinischen Hochschule. Den Antrag des Klägers, ihm anstelle der bisher erteilten jeweils auf zwei Jahre befristeten Ermächtigungen eine Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag zu erteilen, lehnte der Zulassungsausschuss ab.
Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers waren ohne Erfolg. Das Landessozialgericht hat ausgeführt, dass dem Kläger eine Zulassung nicht erteilt werden könne, weil dieser nur die bisher im Rahmen der Ermächtigung erbrachten Leistungen anbieten wolle. Damit erstrecke sich das Leistungsangebot nicht auf die wesentlichen Leistungen des Fachgebietes der Transfusionsmedizin. Darüber hinaus stünde der Erteilung der Zulassung auch nach den Änderungen durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (Neufassung des § 20 Abs. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte –Ärzte-ZV– mit Wirkung vom 01.01.2012) der Umstand entgegen, dass der Kläger mit einer Zulassung neben einer vollen Stelle im Beamtenverhältnis eine noch hinnehmbare Gesamtarbeitszeit von 52 Stunden pro Woche überschreiten würde.

Mit der Revision macht der Kläger geltend, dass das Landessozialgericht bezogen auf seine Arbeitszeiten von unrichtigen Annahmen ausgegangen sei. Arbeitszeitregelungen fänden in Niedersachsen auf Professoren im Beamtenverhältnis keine Anwendung. Im Übrigen dürften der Erteilung der Zulassung seit den Änderungen durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz keine starren Zeitgrenzen mehr entgegengehalten werden. Er habe bereits im Rahmen der Ermächtigung die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes erbracht. Durch die Erteilung der Zulassung anstelle der bisher erteilten Ermächtigung würde bezogen auf Inhalt und Umfang der Tätigkeit keine Änderung eintreten.

Die Entscheidung:

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.

Das Landessozialgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass dem Kläger neben seiner vollzeitigen Tätigkeit als Professor im Beamtenverhältnis und als Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin an einer medizinischen Hochschule die begehrte Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag nicht erteilt werden kann.

Zwar ist der ständigen Rechtsprechung, nach der neben einer vertragsärztlichen Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag nur eine weitere Beschäftigung von nicht mehr als 13 Stunden und neben einer vertragsärztlichen Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag nur eine weitere Beschäftigung von nicht mehr als 26 Stunden ausgeübt werden darf, durch die Änderung des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG mit Wirkung vom 01.01.2012 die Grundlage entzogen. Unter Berücksichtigung des in der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers, soll es für die Frage, ob neben einer Beschäftigung eine Zulassung erteilt werden kann, anstelle der genannten starren Zeitgrenzen auf die Umstände des Einzelfalles ankommen.

Weder dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV noch der Gesetzesbegründung ist jedoch zu entnehmen, dass damit auch der in der Rechtsprechung des BSG aufgestellte Grundsatz entfallen soll, nach dem neben einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung eine vollzeitige Beschäftigung nicht ausgeübt werden darf. Dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung einen Paradigmenwechsel in diesem Sinne intendierte, ist nicht ersichtlich. Die Lockerung der zeitlichen Grenzen ändert nichts daran, dass eine hälftige Zulassung ebenso wenig neben eine Vollzeitbeschäftigung treten kann wie eine hälftige Zulassung neben einer vollen Zulassung erteilt werden kann. Die Frage, ob der Auffassung des Landessozialgericht zu folgen ist, nach der dem Kläger eine Zulassung auch deshalb nicht erteilt werden könnte, weil er nicht die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes anbietet, kann das BSG dahingestellt lassen.

Die Revision in dem Parallelverfahren B 6 KA 19/15 R hat aus den vorgenannten Gründen gleichfalls keinen Erfolg.

Quelle: Pressemitteilung des BSG

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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