Zur gewissenhaften und vertrauenswürdigen Ausübung des ärztlichen Berufs gehört, dass ein nicht kassenärztlich zugelassener Arzt einen zur Verständigung fähigen und lediglich fiebrigen Patienten darüber unterrichtet, dass er eine Notfallbehandlung privatärztlich zu liquidieren beabsichtigt. Die Sanktionierung eines Unterlassens durch eine Geldbuße ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Beschluss vom 7.4.2014 - LV 9/13).

Anmerkung:
Wer als Privatarzt notfallmäßig gesetzlich versicherte Patienten behandelt, muss diese vor Beginn der Behandlung darüber aufklären, dass der Patient diese Behandlung selbst bezahlen muss und dass er auch die Möglichkeit hat, sich bei einem anderen Arzt auf Kosten seiner gesetzlichen Krankenversicherung behandeln zu lassen. Nicht ausreichend ist es dafür, dass der Arzt dem Patienten nebenher das unscheinbare und harmlos wirkende Schreiben zur Einwilligung zur privatärztlichen Abrechnung vorlegt mit den Worten, er brauche noch eine Unterschrift, damit er ihn behandeln dürfe.
Andernfalls riskiert der Arzt einen Honorarausfall und eine Geldbuße. Die Vereinbarung der privaten Behandlung sollte schriftlich erfolgen. Das Formular dafür sollte den gesetzlichen Vorgaben der GOÄ entsprechen. Da die von Privatärzten verwendeten Honorare oft nicht den Vorgaben entsprechen, empfiehlt es sich, diese Formulare von Zeit zu Zeit anwaltlich prüfen zu lassen.

Das Urteil:

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
3
G r ü n d e :
A.
Mit seiner am 28.06.2013 beim Verfassungsgerichtshof des Saarlandes eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen das ihm am 28.05.2013 persönlich und seinem Verteidiger am 31.05.2013 zugestellte Urteil des Ärztegerichtshofes des Saarlandes vom 15.05.2013 (ÄGH 1/13), das seine Berufung gegen das Urteil des Ärztegerichtes des Saarlandes vom 19.12.2013 (ÄG 02/2007) zurückweist. Das Ärztegericht des Saarlandes hat den Beschwerdeführer für schuldig befunden, gegen das den Arzt treffende Gebot, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihm bei seiner Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen (§ 2 Abs. 2 der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte des Saarlandes), verstoßen und hierdurch seine Berufspflichten verletzt zu haben. Deswegen wurde gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 1.500,00 € festgesetzt.
1.
Der Beschwerdeführer erhielt am 27.04.1982 die Approbation als Arzt und ließ
sich am 22.03.1989 in Saarbrücken als Arzt nieder.
Mit Datum vom 26.04.2000 wurde dem Beschwerdeführer wegen gröblicher
Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die vertragsärztliche Zulassung entzogen.
Im darauf folgenden sozialgerichtlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer
in der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2004 im Rahmen eines gerichtlichen
Vergleiches mit Wirkung vom 31.12.2004 auf seine Zulassung verzichtet.
Seitdem ist der Beschwerdeführer in privatärztlicher Praxis niedergelassen.
4
2.
Der angegriffenen Entscheidung des Ärztegerichts liegt folgender Sachverhalt
zugrunde:
Der Beschwerdeführer trat nach den unangegriffenen gerichtlichen Feststellungen
– zur damaligen Zeit – der Öffentlichkeit gegenüber als Betreiber eines
ärztlichen Notfalldienstes auf. Am 25.03.2006, einem Samstag, litt ein Herr J.
S., der gesetzlich krankenversichert war, (unter anderem) an hohem Fieber.
Seine Lebensgefährtin wandte sich zur Ermittlung des ärztlichen Notfalldienstes
an die Telefonauskunft und erhielt die Telefonnummer des Beschwerdeführers.
Nach telefonischer Absprache mit dem Beschwerdeführer brachte sie ihren Lebensgefährten
in dessen Praxisräume. Eine Aufklärung darüber, dass sich die
Untersuchung und Behandlung nicht im Rahmen des von der Notfalldienstordnung
gedeckten offiziellen Notfalldienstes handelte, sowie darüber, dass der
Beschwerdeführer keine kassenärztliche Zulassung besaß, erfolgte nicht.
Der Beschwerdeführer legte vielmehr dem Patienten ein Formular der Privatärztlichen
Verrechnungsstelle zur Billigung vor. Danach trat der Beschwerdeführer
seine Honorarforderung an die Privatärztliche Verrechnungsstelle ab; sein Patient wurde darüber unterrichtet und willigte in die Datenweitergabe ein. Nähere Erläuterungen gab der Beschwerdeführer nicht ab.

Unter dem 18.07.2006 wurde durch die Privatärztliche Verrechnungsstelle eine Rechnung über 275,58 € für die Behandlung gestellt, die der Patient zunächst wegen Zweifeln über seine Zahlungsverpflichtung nicht beglich. Der Patient erhob unter dem 06.10.2006 Beschwerde zur Ärztekammer des Saarlandes und wies darauf hin, dass er keinesfalls von dem Beschwerdeführer informiert worden sei, dass er eine privatärztliche Abrechnung erhalte. Völlig nebenher habe der Arzt ihm das unscheinbare und harmlos wirkende Schreiben zur Einwilligung zur privatärztlichen Abrechnung vorgelegt mit den Worten, er brauche noch eine Unterschrift, damit er ihn behandeln dürfe.

3.
Nach den unangegriffenen Feststellungen des Urteils des Ärztegerichtes vom
19. Dezember 2012 hat der Beschwerdeführer den äußeren Sachverhalt in der
Hauptverhandlung zugestanden. Er habe geltend gemacht, es sei über die Frage
einer bestehenden oder nicht bestehenden Kassenzulassung nicht gesprochen
worden, zumal er nicht mit unnötigen Gesprächen das Arzt-Patienten-
Verhältnis habe belasten wollen. Er sei zu entsprechenden Hinweisen nicht
verpflichtet gewesen. Der Patient sei schließlich berechtigt, die Behandlungskosten
selbst zu übernehmen und nicht von seiner gesetzlichen Krankenversicherung
tragen zu lassen.
Ärztegericht und Ärztegerichtshof haben in ihren Entscheidungen ausgeführt,
dass die Behandlung eines gesetzlichen versicherten Patienten auf eigene Kosten,
ohne dass dieser aus eigenem Entschluss und unbeeinflusst vom Arzt einen
entsprechenden Wunsch geäußert habe, eine Verletzung des Vertrauensverhältnisses
im Sinne § 2 Abs. 2 der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte
des Saarlandes und im Übrigen einen Verstoß gegen § 4 Abs. 5b des Bundesmantelvertrages
Ärzte der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKVSpitzenverbandes
(BMV-Ärzte) darstelle. Der Patient müsse darauf vertrauen
dürfen, dass der Arzt in Abrechnungsfragen das finanzielle Selbstbestimmungsrecht
des Patienten wahre. Dafür sei es erforderlich, dass der Patient frei entscheiden
könne, ob er auf eigene Kosten behandelt werden möchte. Deshalb
müsse der Arzt vor der Behandlung sicherstellen, dass der gesetzlich krankenversicherte
Patient die von ihm selbst zu tragenden Kosten seiner Behandlung
ermessen könne und sich etwaiger Handlungsalternativen bewusst sei.
4.
Wegen dieses sowie weiterer fünf gleich gelagerter Sachverhalte erließ das
Amtsgericht Saarbrücken unter dem 06.07.2010 einen Strafbefehl wegen Betruges
gegen den Beschwerdeführer, der ihn zu einer Gesamtgeldstrafe von 80
Tagessätzen zu je 50,00 € verurteilte. Nachdem der Beschwerdeführer hiergegen
Einspruch eingelegt hatte, wurde durch Beschluss des Amtsgerichtes
6
Saarbrücken vom 10.01.2012 das Verfahren gem. § 153a StPO vorläufig eingestellt
gegen Zahlung einer Geldbuße von 5.000,00 €. Nach Zahlung der
Geldbuße stellte das Amtsgericht Saarbrücken das Verfahren durch Beschluss
vom 24.09.2012 endgültig ein.
5.
Der Beschwerdeführer trägt vor, durch die Entscheidungen von Ärztegericht
und Ärztegerichtshof als Akten öffentlicher Gewalt in seinem Grundrecht der
Berufsfreiheit – hier der Berufsausübungsfreiheit – verletzt zu sein. Es bestehe
keine rechtliche Verpflichtung eines niedergelassenen Arztes, ihn konsultierende
Patienten auf eine fehlende kassen- oder vertragsärztliche Zulassung hinzuweisen.
Die Kreation einer solchen Pflicht verstoße gegen Art. 2 SVerf. Da es
kein finanzielles Selbstbestimmungsrecht der Patienten gebe und nicht der Arzt
zur Aufklärung verpflichtet sei, sondern der Patient nach § 18 Abs. 8 Nr. 1 BMVÄ
die elektronische Gesundheitskarte von sich aus vorlegen oder nachreichen
müsse, könne der Arzt konsequenterweise die Vergütung direkt beim Patienten
fordern. Der Patient habe die ihm gestellte Rechnung letztlich gezahlt. Bei fehlender
Vertragsarztzulassung dürfe der Arzt seine Behandlung nach der GOÄ
abrechnen. Zudem würde in den berufsgerichtlichen Entscheidungen die konkrete
Behandlungssituation der Notfallpatienten nicht richtig eingeschätzt. Es
stelle sich die Frage, ob ein fiebriger Patient in pekuniärer Hinsicht unter Berücksichtigung
seines finanziellen Selbstbestimmungsrechtes (zivilrechtlich)
wirksam aufgeklärt werden könne. Der Patient, der keine Gesundheitskarte
vorgelegt habe, habe dagegen die ihm vorgelegte Gestattung der privatärztlichen
Liquidation unterschrieben.
Die Ärztekammer des Saarlandes und das Ministerium für Soziales, Gesundheit,
Frauen und Familie haben von der eingeräumten Möglichkeit einer Stellungnahme
als Beteiligte keinen Gebrauch gemacht.
B.
7
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
1.
Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes ist gem. Art. 97 Nr. 4 SVerf, §§ 9
Nr. 13, 55 ff VerfGHG zuständig zur Entscheidung über Verfassungsbeschwerden,
die ein Grundrechtsträger wie der Beschwerdeführer mit der Behauptung
erhebt, durch die saarländische öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte
oder sonstigen verfassungsmäßigen Rechten verletzt zu sein.
2.
Nach § 33 des Saarländischen Heilberufekammergesetzes – SHKG – (Gesetz
Nr. 1405 vom 11.3.1998, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.11.2008
(Amtsbl. S. 1930)) unterliegen Kammermitglieder, die ihre Berufspflichten verletzen
oder sich standesunwürdig verhalten, der Berufsgerichtsbarkeit. Zur Entscheidung
berufen sind nach § 34 Abs. 1 SHKG das Ärztegericht des Saarlandes
und – als Berufungsinstanz – der Ärztegerichtshof des Saarlandes. Mitglieder
der Ärztekammer als ihrer öffentlichen Berufsvertretung sind alle im Saarland
zur Berufsausübung berechtigten Ärzte und Ärztinnen. Entscheidungen der
Berufsgerichte sind – als Maßnahmen eines Organs der öffentlich-rechtlich organisierten
Ärztekammer – Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne des § 55 Abs.
1 VerfGHG (vgl. BVerfG Beschl. v. 13.07.2005 -1 BvR 191/05 NJW 2006, 282).
3.
Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seiner Berufsfreiheit durch die Entscheidungen
der Berufsgerichtsbarkeit. Die Berufsfreiheit ist allerdings in der
Verfassung des Saarlandes nicht explizit geregelt. In Fällen jedoch, in denen
sich der Betroffene – wie der Beschwerdeführer als Arzt – nicht auf die Gewerbefreiheit
aus Art. 44 SVerf berufen kann, findet die Berufsfreiheit ihren Schutz
durch die von Art. 2 Satz 1 SVerf garantierte Handlungsfreiheit, deren Teil sie
ist (vgl. Guckelberger in Wendt/Rixecker, Verfassung des Saarlandes, Art. 2
Rdnr. 2; SVerfGH, Beschl. v. 19.03.2004, Lv 4/2003).
Die Regelung sanktionsbewehrter ärztlicher Pflichten und ihre Durchsetzung
durch die Verurteilung zu einer Geldbuße wegen ihrer Verletzung greifen – final
– in die Freiheit der beruflichen Betätigung ein (vgl. nur BVerfGE 71, 162 ff. zur
Sanktionierung eines ärztlichen Werbeverbots).
4.
Die Verfassungsbeschwerde ist innerhalb der von § 56 Abs. 1 VerfGHG vorgesehenen
Monatsfrist in formgerechter Weise von einem zur Vertretung des Beschwerdeführers
befugten Rechtsanwalt erhoben worden. Der Rechtsweg ist
erschöpft, weil gegen die Entscheidung des Ärztegerichtshofs kein weiterer
Rechtsbehelf gegeben ist.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist – offensichtlich – unbegründet.
1.
Durch die Verhängung einer Geldbuße auf der Grundlage des § 33 Abs. 3 Nr. 3
SHKG wird ein bestimmtes berufliches Verhalten sanktioniert und damit in die
Rahmenbedingungen der Ausübung des Berufes, also die berufliche Handlungsfreiheit
nach Art. 2 Satz 1 SVerf, eingegriffen. Von dem Beschwerdeführer
wird verlangt, gesetzlich versicherte „Kassenpatienten“ im Rahmen seiner Tätigkeit
insbesondere bei Notfalldiensten vor der Behandlung über deren wirtschaftliche
Folgen und darüber aufzuklären, dass er keine kassenärztliche Zulassung
besitzt und eine Abrechnung seiner Leistungen – jedenfalls nicht in vollem
Umfang – grundsätzlich nicht über die gesetzliche Krankenversicherung
erfolgen kann. Er habe darüber zu informieren, dass der jeweilige Patient verpflichtet
sein kann, ihm das ärztliche Honorar nach der GOÄ selbst zu bezahlen,
obwohl der Patient gesetzlich krankenversichert ist.

2.
Der Eingriff ist jedoch gerechtfertigt.
a.
Das ihm zugrunde liegende Gesetz entspricht der Verfassung.
Nach Art. 2 Satz 1 SVerf sind Eingriffe in die Handlungsfreiheit erlaubt, wenn
das Gesetz den Betroffenen zu ihrer Hinnahme verpflichtet. Erforderlich ist allerdings,
dass es sich um ein – formell und materiell – der Verfassung gemäßes
Gesetz handelt, bei dessen Anwendung die verfassungsrechtlichen Maßstäbe
beachtet worden sind. Das – wie hier formell verfassungsgemäße – Gesetz
(§ 33 Abs. 3 Nr.3, § 16 SHKG) und seine Anwendung müssen daher vor allem
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
Nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 SHKG i.V.m. § 16 Abs. 1 SHKG können Ärzte, die ihre
Berufspflicht verletzen, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen im
Zusammenhang mit ihrem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen,
mit einer Geldbuße belegt werden. Die nähere Konkretisierung dieser
Berufspflichten erfolgt - aufgrund der Ermächtigung des § 34 Abs. 2 SHKG – in
einer ärztlichen Berufsordnung, nämlich § 2 Abs. 2 der als Satzung der Ärztekammer
des Saarlandes erlassenen Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte des
Saarlandes vom 25.04.2007 (Amtsbl. 2007, S. 5 ff. – BOÄ).
Die Vorschrift bestimmt, dass Ärztinnen und Ärzte ihren Beruf gewissenhaft
auszuüben und dem ihnen bei ihrer Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen
zu entsprechen haben. Damit verfolgen Gesetz und Satzung ein legitimes
Ziel, den Schutz eines vertrauensvollen Verhältnisses zwischen Arzt und
Patienten im Interesse der Heilung oder Linderung von Krankheiten. Das stellt
bereits die Präambel der Berufsordnung als Berufspflicht heraus.
10
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG NJW 1972, 1505 Rz. 116 bei juris) hat
insoweit ausgeführt, es entspreche„der Natur allen Standesrechts, dass die Berufspflichten der Standesangehörigen nicht in einzelnen Tatbeständen erschöpfend umschrieben
werden können, sondern in einer Generalklausel zusammengefasst sind,
welche die Berufsangehörigen zu gewissenhafter Berufsausübung und
zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb
des Berufs anhält, die nähere Bestimmung der sich hieraus ergebenden
einzelnen Pflichten aber der Aufsichtspraxis der Standesorgane
und der Rechtsprechung der Berufsgerichte (überlassen werde). In
Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass eine solche Generalklausel
auch gegenüber dem Verfassungsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG
als Grundlage für eine berufsgerichtliche Bestrafung ausreicht (BVerfGE
26, 186 (204)...)
Dem schließt sich der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes an. Damit bestehen
weder Bedenken dagegen, dass die – sanktionierten – Berufspflichten des
Beschwerdeführers auf der Grundlage eines Gesetzes durch eine Satzung näher
geregelt worden sind, noch dass sie selbst näherer Konkretisierung in der
Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis bedürfen.
Die Regelung der Berufspflicht zur gewissenhaften und dem entgegen gebrachten
Vertrauen entsprechenden Berufsausübung, die einen Berufsträger nur geringfügig
in seiner beruflichen Tätigkeit beschränkt, und die Sanktionierung ihrer
Verletzung werden – wie geradezu selbstverständlich ist – von vernünftigen Erwägungen
des Gemeinwohls getragen und sind damit als solche verfassungsgemäß.
b.
Auch die konkrete Anwendung des Gesetzes durch den Ärztegerichtshof des
Saarlandes und das Ärztegericht verletzen die berufliche Handlungsfreiheit des
Beschwerdeführers nicht.
Das gilt zunächst für die Konkretisierung der ärztlichen Berufspflicht eines gewissenhaften
und dem dem Arzt von seinem Patienten entgegengebrachten
Vertrauen entsprechenden Verhaltens durch die Annahme einer Pflicht zur Aufklärung über die finanziellen Folgen der Behandlung, vor allem die Absicht oder
Notwendigkeit einer privatärztlichen Liquidation. Eine solche Verpflichtung wird
in der medizinrechtlichen Rechtsprechung und Rechtslehre – einhellig – angenommen.
Danach muss der Arzt seinen Patienten insbesondere dann unterrichten,
wenn er davon ausgeht, dass die Versicherung des Patienten, sei es die
gesetzliche oder eine private Krankheitskostenversicherung, die Vergütung, die
er beanspruchen will, nicht deckt (BGH NJW 2000, 999, 1002; NJW 1983,
2630; Bergmann/Pauge/Steininger/Wever, Gesamtes Medizinrecht, § 823 Rn.
87; Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl., § 61 Rn. 7).
Zu den ärztlichen Berufspflichten gehört im Übrigen zweifellos weiter, dass eine
Vergütung, die der Arzt mit den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung
abrechnen kann, dem Patienten nicht separat als privatärztliches Honorar in
Rechnung gestellt werden darf, ohne dass der Arzt seinen Patienten darüber
aufklärt und mit ihm gesondert individuell vereinbart, so vorgehen zu dürfen.
Die angegriffenen berufsgerichtlichen Entscheidungen gehen unbeanstandet
davon aus, dass der Beschwerdeführer die Vergütung für die von ihm übernommene
Notfallbehandlung nicht den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung
gegenüber abrechnen konnte, weil er über keine entsprechende Zulassung
verfügt hat. Ob das zutrifft - § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V erlaubt die Inanspruchnahme
eines nicht zugelassenen Arztes im Notfall mit der Folge, dass
dessen Vergütung im System der kassenärztlichen Versorgung erfolgt (BSG
Urt.v. 17.09.2008 B 6 KA 46/07 R, BeckRS 2009 50016) – oder ob der Beschwerdeführer
nicht, wie es nahe liegt, nur den (unzutreffenden) Eindruck zu
verantworten hat, er leiste Notdienst, weil ein Vertragsarzt nicht in der gebotenen
Dringlichkeit zur Verfügung stehe (zu dieser Voraussetzung der Unterwerfung
eines nicht zugelassenen Arztes unter das kassenärztliche System vgl.
HessLSG Urt.v. 15.01.2009 L 1 KR 255/07), kann dahinstehen. In beiden Fällen
bedurfte es der Aufklärung des Patienten über die – möglichen – finanziellen
Risiken der Inanspruchnahme des Beschwerdeführers. Sie ist – unstreitig –
nicht erfolgt.
12
Auch eine solche von den angegriffenen Entscheidungen als verletzt betrachtete
Pflicht zur Aufklärung über die Vergütung der Behandlung verfolgt ein legitimes
Ziel. Nur auf der Grundlage einer solchen Aufklärung und seiner auf einem
frei und informiert gebildeten Willen beruhenden Zustimmung zu den ihn möglicherweise
treffenden Kosten der Behandlung kann der Patient darauf vertrauen,
der Arzt werde sein Tätigwerden ausschließlich von ärztlichen und nicht von
wirtschaftlichen Erwägungen leiten lassen. Erst wenn der Patient ordnungsgemäß
aufgeklärt ist, kann er frei entscheiden, ob er auf eigene Kosten behandelt
werden möchte. Nur so kann der Patient also auch sein Recht auf freie Arztwahl
abwägend wahrnehmen. Damit wird dieses Ziel von vernünftigen Erwägungen
des Gemeinwohls – dem Schutz der Selbstbestimmung einer erkrankten
Person auch in wirtschaftlicher Hinsicht und dem Schutz der Ausrichtung
der ärztlichen Behandlung an ausschließlich medizinischen und nicht an finanziellen
Gesichtspunkten – getragen.
Seine Durchsetzung belastet einen Arzt nur geringfügig. Der Beschwerdeführer
wird nicht daran gehindert, trotz fehlender kassenärztlicher Zulassung gesetzlich
Versicherte zu behandeln. Ein behandelnder Arzt muss immer davon ausgehen,
dass ein Patient gesetzlich krankenversichert ist und damit rechnet,
dass die in Anspruch genommene Leistung in der Regel nicht von ihm, sondern
durch seine gesetzliche Krankenkasse bezahlt wird. Der Arzt kennt die entsprechenden
Regelungen aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit. Er darf nicht ohne
Weiteres bei einem Patienten unterstellen, dass dieser weiß oder wissen muss,
dass er von sich aus seine Versichertenkarte soll vorlegen müssen, was sich im
Übrigen so aus § 19 Abs. 1 BMV-Ärzte, der von einer unaufgeforderten Vorlage
nicht spricht und dem Patienten im Zweifel auch gar nicht bekannt ist, nicht
ergibt. Es gehört in jedem Fall zu den Pflichten des Arztes, den Versicherten
nach der Versichertenkarte zu fragen und gegebenenfalls darauf hinzuweisen,
dass, sofern eine Vorlage nicht erfolgt, der Patient für die Behandlungskosten
unmittelbar einzustehen hat.
Bereits § 18 Abs. 8 Nr. 2 BMV-Ä bestimmt im Übrigen, dass eine Vergütung nur
gefordert werden darf, wenn und soweit der Versicherte vor Beginn der Behandlung
ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden und
dieses dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt. Die Regelung namentlich der
schriftlichen Bestätigung dieser Vorgehensweise soll den Patienten schützen
und macht deutlich, dass es dem Arzt obliegt, den Patienten vor der Behandlung
auf die Übernahme der Kosten hinzuweisen und aufzuklären, ob es sich
um einen Privatpatienten handelt, dem eine entsprechende Liquidation übersandt
wird oder um einen gesetzlich Versicherten, der belehrt werden muss,
dass er die Gesundheitskarte vorlegen oder nachbringen muss, wenn er nicht
für das entstehende Honorar nach der GOÄ im Wege der Privatliquidation einstehen
will. Auch wenn der BMV-Ä den Beschwerdeführer nicht binden sollte,
übernimmt die Vorschrift jedenfalls in ihrem Kern nur eine – selbstverständliche
– Pflicht redlichen ärztlichen Verhaltens.
Dem kann auch nicht entgegnet werden, die konkrete Behandlungssituation
habe einer Aufklärung entgegen gestanden oder das Patienten-Arzt-Verhältnis
werde durch derartige Gespräche unnötig belastet: Insoweit kann dahinstehen,
ob die Berufspflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung in bestimmten Krankheitsfällen
erfüllt werden kann oder ihre Verletzung jedenfalls nicht vorwerfbar ist.
Schließlich hat der Beschwerdeführer den hochfiebrigen Patienten im konkreten
Fall vor Durchführung der Behandlung ein Formular über die privatärztliche Liquidation
unterzeichnen lassen, also statt der gebotenen Aufklärung über die
von ihm beanspruchte privatärztliche Liquidation ihre vertragliche Grundlage
ohne Hinweis auf Handlungsalternativen aufgrund der zu beachtenden Rechtslage
ausschließlich in seinem Sinne zu schaffen versucht.
Nach alledem kann sich der Beschwerdeführer nicht darauf berufen, unzulässig
in seiner beruflichen Handlungsfreiheit beeinträchtigt worden zu sein.
Letztendlich sind die Entscheidungen auch nicht wegen des zeitlichen Abstands
des berufsrechtswidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers und seiner Sanktionierung
von Verfassungs wegen – wegen Verletzung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit – zu beanstanden.
Die Verfahrensdauer ist dadurch gerechtfertigt, dass das Ärztegericht zunächst
das strafrechtliche Ermittlungsverfahren abgewartet und sein Verfahren im Hin14
blick darauf ausgesetzt hatte. Die dadurch entstandene Verzögerung hat das
Strafgericht bereits durch ein Vorgehen nach § 153 a StPO berücksichtigt.
Wenn die Berufsgerichte im Hinblick auf die Auffassung des Beschwerdeführers,
er habe sich rechtens verhalten, die Notwendigkeit einer eindeutigen berufsrechtlichen
Klarstellung auch nach Ablauf von 6 Jahren nach dem beanstandeten
Geschehen, jedoch innerhalb eines Jahres nach dem Abschluss des
Strafverfahrens bejaht haben, um ihn auch in Zukunft zu berufswürdigem Verhalten
anzuhalten, so ist das keine unverhältnismäßige Einschränkung der
Handlungsfreiheit des Beschwerdeführers, der bis heute sein Vorgehen zu Unrecht
für rechtlich korrekt hält.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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