Die Nichtvorlage von Patientendokumentationen im Rahmen der Plausibilitätskontrolle der
Abrechnung verstößt gegen eine satzungsgemäße Pflicht, Aufzeichnungen vorzulegen, die über Art und Umfang der abgerechneten Leistungen sowie die Notwendigkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise Auskunft geben. Dies kann disziplinarrechtlich geahndet werden (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 22.11.2013 - L 24 KA 69/12).

Ein Arzt aus Cottbus wurde im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle von der KV zur Vorlage von 32 Patientenunterlagen aufgefordert. Insbesondere ging es der KV dabei um die Klärung der Frage, warum er signifikant öfter als andere Ärzte die Gebühren-Nr. 5 EBM (nächtliche Behandlung) abgerechnet hat. Der Datenschutzbeauftragte der Beklagten teilte dem Arzt mit, dass die Aktenanforderung datenschutzrechtlich unbedenklich sei.  
Da der Arzt dem Herausgabeverlangen gleichwohl u.a. unter Hinweis auf die fehlende Zustimmung der Patienten nicht nachkam, erhielt er einen disziplinarrechtlichen Verweis. Zugleich wurde sein Honorar berichtigt. Gegen den Verweis klagte er vor dem SG Potsdam. Das SG Potsdam (Urt. v. 30.05.2012 - S 1 KA 3/10) wies die Klage gegen den Verweis ab. 

Auch das LSG gab der KV Recht:

Das Herausgabeverlangen von 32 Patientenunterlagen ist nach Auffassung des Gerichts nicht unverhältnismäßig. In der Rspr. ist anerkannt, dass ein auf die Herausgabe von Patientenunterlagen gerichtetes Ansinnen einer KV dann wegen Unverhältnismäßigkeit unwirksam sein kann, wenn es in einer übermäßigen Vielzahl von Fällen an den Vertragsarzt gerichtet wird. Das ist angenommen worden bei der Anforderung von Unterlagen für 653 Patienten (LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 19.01.2005 - L 4 KA 7/04), nicht aber, wenn 44 Patienten betroffen waren (LSG für das Saarland, Urt. v. 01.04.1998 - L 3 Ka 19/96). 

Auf die Einwilligung der betroffenen Patienten kommt es für die Rechtmäßigkeit nicht an.
Der Senat kann - mit dem BSG (Urt. v. 19.11.1985 - 6 RKa 14/83 - juris Rn. 20) - dahingestellt sein lassen, ob auf die Weitergabe von Patientendaten durch einen Vertragsarzt die Vorschriften des zweiten Kapitels des SGB X über den Schutz der Sozialdaten (§§ 67-85a SGB X) Anwendung finden, da auch ohne besondere Rechtsgrundlage bereits aus dem System der Errichtung von KVen folgt, dass der Vertragsarzt innerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung die Daten seiner Patienten offenbaren darf. Mittlerweile findet sich in den §§ 295 I 1 Nr. 2, Ia SGB V eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Übermittlung von Patientendaten an die KV. Damit scheidet auch ein Verstoß gegen § 203 StGB aus, der die Offenbarung eines Geheimnisses durch einen Arzt unter Strafandrohung stellt. Wegen der ausdrücklichen Regelung im SGB V handelt es sich bei der Weitergaben von Patientendaten an eine kassenärztliche Vereinigung nicht um eine unbefugte Offenbarung. Die Rechtsgrundlage für die Erhebung und Weiterverarbeitung der in der Patientendokumentation enthaltenen Daten durch die Beklagte findet sich in § 285 Abs. 2 SGB V.

Anmerkung:
Werden Patiententakten von der KV angefordert, sollte der Arzt dem nachkommen, wenn nicht eine sehr große Zahl von Akten angefordert wird. Dies ist schon in seinem eigenen Interesse. Eine Kooperation mit der KV mag im Ergebnis zu einer Berichtigung der Honorarbescheide führen - gleichwohl ist eine Verweigerungshaltung nach der hiesigen Erfahrung wenig erfolgversprechend. Der Übersendung von 32 Dokumentationen hätte der Arzt entsprechen können, ohne seinen normalen Praxisbetrieb erheblich zu beeinträchtigen. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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