Das Bundessozialgericht stellt klar, dass für MVZ bei der Abrechnung ein deutlich höherer Sorgfaltsmaßstab gilt als bei niedergelassenen Ärzten. Daher führen schon kleine Abrechnungsfehler zum Zulassungsentzug (BSG, Urteil vom 21. März 2012 - B 6 KA 22/11 R -).

Ein MVZ hatte Leistungen Arztnummern zugeordnet, die gar nicht vergeben wurden. Des weiteren hatte es Leistungen Ärzten zugeordnet, die erst später für das MVZ tätig waren sowie Leistungen von Ärzten erbracht, die über keine Anstellungsgenehmigung verfügten. Die zuständige KV beantragte daher im März 2009 beim Zulassungsausschuss, dem MVZ wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die Zulassung zu entziehen.

Das MVZ verteidigte sich mit dem Argument, ihr Personal sei durch eine erfolgte Standortverlegung, die Einführung der LANR, die Integration weiterer Arztpraxen und die Neueinstellung von rund 25 Mitarbeitern erheblich belastet gewesen. Auch könne dem MVZ weder strafbares Verhalten noch absichtliches Verhalten vorgeworfen werden. Die vorgeworfenen Pflichtverstöße wurden nicht bestritten, sie beschränkten sich aber auf ein einzelnes Quartal und es sei kein Schaden verblieben, nachdem das MVZ im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung 10.000 Euro zurückgezahlt habe.

Dieser Argumentation folgte das BSG aber nicht. Aus Sicht des Gerichts erfolgte die Zulassungsentziehung zu Recht, weil eine grobe Pflichtverletzung vorlag. Der im MVZ tätige Arzt habe mit der Entscheidung, seine Tätigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in einem MVZ auszuüben, seinen Pflichtenkreis im technisch-administrativen Bereich reduziert. Er behandelte die Patienten und muss dem MVZ gegenüber deutlich machen, welche Leistungen er wann bei welchem Patienten erbracht hat. Die Erstellung und Kontrolle der Abrechnung gegenüber der KV ist hingegen Sache des MVZ, was für den dort tätigen Arzt – im Vergleich mit dem in eigener Praxis tätigen Vertragsarzt – den Vorteil hat, sich mit den administrativen Aufgaben nicht befassen zu müssen. Damit obliegt die administrative Bearbeitung der Abrechnung dem MVZ, während zugleich die Verantwortung des im MVZ tätigen Arztes für die Abrechnung reduziert wird. Das MVZ dagegen hat die volle Verantwortung für die korrekte Organisation der Behandlung und für die Leistungsabrechnung. Das stellt den Kern der Aufgabe des MVZ dar. Anders als der Vertragsarzt, der sich neben der Abrechnung auch auf die Behandlung der Patienten konzentrieren muss das MVZ auf seine wichtigste Aufgabe, die korrekte Abrechnung, konzentrieren. Unterlaufen dem MVZ dabei Versäumnisse, so betrifft dies den Kern seiner vertragsarztrechtlichen Pflichten und nicht nur ‘bürokratische Nebenaufgaben’. Der Einwand des fehlenden Verschuldens lässt das BSG nicht gelten, weil maßgeblich für die Zulassungsentziehung nicht ein subjektives Verschulden ist, sondern allein das objektive Vorliegen der fehlerhaften Abrechnung.

Fazit:
MVZ unterliegen strengsten Anforderungen an die Abrechnung. Das MVZ ist gehalten, Abrechnungsfehler von sich aus zu melden und zu korrigieren. Es darf nicht abwarten, bis die KV Fehler feststellt. Dann ist es bereits zu spät.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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