Bei dem allgemeinen Risiko schlechterer Wundheilung durch das Rauchen handelt es sich nicht um ein spezifisches Risiko der gewählten Operation, sondern um eines der zahlreichen allgemeinen Risiken des Rauchens, über die der Arzt nicht ungefragt aufklären muss (OLG Naumburg, Urteil vom 08.07.2008 - 1 U 33/08 -).

Die klagende Klinik verlangt restliches Arzthonorar von der beklagten Patientin. Die Patientin verlangt ihrerseits Schadensersatz.

Die Beklagte unterzog sich bei der Klägerin einer kosmetischen Korrektur ihrer Brüste. Nach dem Eingriff kam eszu Wundheilungsstörungen und zu einer Asymmetrie beider Brüste. Die Beklagte behauptet, nicht ordnungsgemäß über das Risiko der Wundheilungsstörungen aufgeklärt worden zu sein; insbesondere habe die Klägerin nicht darauf hingewiesen, dass bei Rauchern ein insoweit erhöhtes Risiko bestünde.

Das OLG Naumburg hatte daher die Frage zu klären, ob ein Risiko, dass aufgrund einer besonderen Disposition des Patienten als erhöht anzusehen ist, aufklärungspflichtig ist, wenn die Erhöhung des Risikos auf ein Verhalten des Patienten zurückgeht, über dessen Gefährlichkeit sich die breite Masse der Gesamtbevölkerung im Klaren ist. Das OLG bejaht dies, ohne sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob gerade auch das erhöhte Risiko von Wundheilungsstörungen jedem Raucher als medizinisches Basiswissen unterstellt werden kann.

Das OLG Naumburg verneinte im Ergebnis eine Verletzung der Aufklärungspflicht.
Insbesondere bleibt der Senat bei seiner Auffassung, dass die Beklagte nicht unaufgefordert darüber hätte aufgeklärt werden müssen, dass Wundheilungsstörungen bei Rauchern im Durchschnitt häufiger auftreten als bei Nichtrauchern. Dies gilt auch im Rahmen der
gesteigerten Aufklärungspflichten bei Schönheitsoperationen, die medizinisch nicht notwendig sind. Denn maßgebend ist auch hier zunächst, ob das betreffende Risiko dem Eingriff spezifisch anhaftet (vgl. BGH, VersR 1994, 104, 105; BGHZ 90, 103, 107; 144, 1, 5 f.). Diese Voraussetzung kann z. B. erfüllt sein, wenn ein Eingriff oder die Gabe eines verordneten Medikamentes als ärztlicher Eingriff im weiteren Sinne bei Rauchern spezielle oder besondere Risiken zur Folge hat (vgl. BGH, NJW 2005, 1716 ff.), die über die allgemeinen medizinischen Risiken des Rauchens hinausgehen. Das ist hier aber nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich bei dem allgemeinen Risiko schlechterer Wundheilung durch das Rauchen nicht um ein spezifisches Risiko der gewählten Operation, sondern um eines der zahlreichen allgemeinen Risiken des Rauchens, über die der Arzt nicht ungefragt aufklären muss.

Das Gericht ließ die Revision zum BGH trotz der grundlegenden Bedeutung der Problematik nicht zu. Grund hierfür war die ebenfalls zweifelhaft erscheinende Verneinung von Mitursächlichkeit: „Der Anregung der Beklagten, über die hier streitige Frage der Aufklärungspflicht bei Rauchern eine Entscheidung des BGH zu ermöglichen, folgt der Senat nicht. Denn wie bereits in dem Hinweis des Gerichts vom 05.06.2008 dargestellt, fehlt im vorliegenden Fall jedenfalls der notwendige Kausalitätsnachweis. Der Sachverständige Dr. S. hat in seiner mündlichen Anhörung vom 16.01.2008 klar gestellt, dass es sich bei Wundheilungsstörungen um ein multifaktorielles Geschehen handele, an dem das Rauchen nur einen kleinen Anteil habe. Wenn die Beklagte hieraus schließt, dass das Rauchen nachweislich mitursächlich war, verkennt sie den Inhalt der sachverständigen Feststellungen. Mitursächlichkeit liegt nicht schon dann vor, wenn ein Einfluss des Rauchens auf die konkrete Wundheilungsstörung nicht ausgeschlossen werden kann, sondern nur, wenn feststeht, dass die Komplikation zumindest teilweise auf dem Rauchen beruht, das Rauchen also nicht hinweggedacht werden könnte, ohne dass die Komplikation in der aufgetretenen Form entfiele. Ein solcher Nachweis der Mitursächlichkeit liegt gerade nicht vor. Der Sachverständige hat nur darauf hingewiesen, dass das Rauchen – neben vielen anderen Faktoren – generell Wundheilungsstörungen begünstigen kann. Dass die Komplikation im Fall der Beklagten tatsächlich ganz oder teilweise auf das Rauchen zurückzuführen sei, hat er hingegen nicht feststellen können.“

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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