Die Werbung mit „Fettreduktion durch Kälte“ stellt eine gesundheitsbezogene Werbung dar, weil die Fettreduktion durch Zerstörung von Fettzellen, mithin einen körperlichen Eingriff erfolgen soll. Die Werbung ist irreführend, weil der Werbende sich damit auf eine fachlich umstrittene Behauptung stützt, ohne die in der Literatur bestehende Gegenansicht zu erwähnen und er die Richtigkeit seiner Angabe nicht beweisen konnte, weil die von ihm zum Beleg der Werbeaussage herangezogene Studie die Werbeaussage nicht trägt. Zu den Anforderungen an wissenschaftliche Studien zum Nachweis einer medizinischen Wirksamkeit (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 – 29 U 2609/15).
Vor einer Beinverlängerungs-Operation zur Behebung einer Beinlängendifferenz ist der behandelnde Arzt verpflichtet, den Patienten über das Risiko einer Beinachsenverschiebung aufzuklären. Für diese Aufklärung reicht die Behauptung, der Patient sei "ordnungsgemäß aufgeklärt" worden, nicht aus. Eine - gemeinsam haftende - Gemeinschaftspraxis erfordert, dass die ärztlichen Leistungen von allen Ärzten der Praxis erbracht werden können. Zwar kann die Verwendung des Begriffes "wir" für die Ärzte einer Praxis sowie die Bezeichnung als "Das Team" im Sinne eines Rechtscheines nahelegen, dass eine Gemeinschaftspraxis vorliegt; eine gemeinsame Haftung aller Ärzte der Praxis aufgrund Rechtscheines erfordert aber, dass der Patient gerade Wert darauf gelegt hatte, den Behandlungsvertrag mit sämtlichen Mitgliedern der vermeintlichen Gemeinschaftspraxis zu schließen. Die nach der Operation fortbestehende Beinlängendifferenz, die Erforderlichkeit einer Zweitoperation und die bestehende Schmerzsymptomatik rechtfertigen ein Schmerzensgeld von 13.000 € (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.11.2015 - 12 U 182/14).
Führt die zweifache Verletzung der Speiseröhre eines Patienten bei einer Halswirbeloperation zu Revisionsoperationen, dauerhaften Schluckbeschwerden und einer fünfmonatigen Ernährung über eine Magensonde, so rechtfertigt dies ein Schmerzensgeld von EUR 20.000 (OLG Hamm, Urteil vom 23.10.2015 - 26 U 182/13).
Vermittelt der Auftritt eines Kosmetikinstituts insgesamt den Eindruck, dass dort Schönheitsoperationen angeboten werden, so haftet dieses Institut selbst für die ärztlichen Fehler dieser Operationen, auch wenn die Operationen an einem anderen Ort (hier in der Türkei) erfolgten (LG Dortmund, Urteil vom 15.10.2015 - 4 O 249/11).
Hat intensive, stationär geleitete konservative Therapie bei einer Patientin nur zu einer vorübergehenden Beschwerdebesserung geführt, konnte dieser Erfolg aber in der nachfolgenden ambulanten Behandlung nicht gehalten werden und scheiterte ein Versuch der Arbeitsaufnahme der Patientin wegen fehlender Belastbarkeit, so ist es für die Aufklärung über die Behandlungsalternative "Fortführung der konservativen Therapie" ausreichend, wenn der Arzt der Patientin erklärt, dass sie die konservative Therapie (zB mit den Spritzen) weiterführen könne, dass aus neurochirugischer Sicht eine operative Behandlung aber zu bevorzugen sei, weil damit die Chancen, tatsächlich eine dauerhafte Beschwerdebesserung zu erreichen, erhöht waren (Kammergericht, Urteil vom 16.11.2015 - 20 U 137/13).
Ist ein augenärztlicher Zweiteingriff (hier: Entfernung des nach einer Netzhautablösung eingebrachten Silikonöls) mit dem sehr seltenen, aber besonders gravierenden Risiko des nahezu vollständigen Verlusts des Sehvermögens behaftet, muss der Patient darüber aufgeklärt werden (OLG Koblenz, Urteil vom 21.10.2015 - 5 U 602/15).
Unterläßt es ein Arzt, bei einer Patientin, die über langanhaltende Schmerzen im Gesäß nach einem Sturz klagt, Röntgenbilder zu fertigen und übersieht er daher eine Steißbeinfraktur und führt er daher eine längere Injektionsbehandlung mit Kortikoiden durch, so stellt dies einen groben Behandlungsfehler dar, der ein Schmerzensgeld von EUR 100.000 rechtfertigt, wenn die Patientin in der Folge eine Infektion mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen erleidet (OLG Hamm, Urteil vom 4.12.2015 - 26 U 33/14).
Arzneikostenregresse sind auf beharrliche Pflichtverletzungen einzelner Ärzte zurückzuführen und nicht zwingend mit der Führung einer ärztlichen Praxis verbunden. Daher stellen sie keine der Restschuldbefreiung unterfallenden Masseverbindlichkeiten dar, so dass der Arzt dafür unabhängig vom Insolvenzverfahren selbst haften muss. Wirkt der Prüfungsausschuss aber entgegen § 106 Absatz 5 a Satz 4 SGB V nicht auf eine gütliche Vereinbarung zur Höhe des Regresses hin, so ist der Regressbetrag pauschal um 20 % zu kürzen (BSG, Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 30/14 R).
Rechnet ein Arzt schlicht versehentlich eine tatsächlich ordnungsgemäß erbrachte Leistung statt einer korrekten Gebührenposition ab (hier: jeweils drei Einzelsachkostenpauschalen (Nr. 40806/40807/40808 EBM 2008) anstelle der Wochenpauschale (Nr. 40800/40802/40804 EBM 2008)), so darf lediglich der Differenzbetrag zwischen tatsächlicher und abgerechneter Leistung zurückgefordert werden; die ansonsten übliche und zulässige vollständige Rückforderung des Honorars ist nicht zulässig (Sozialgericht Gotha, Urteil v. 14.01.2015 - S 2 KA 4767/11).
4.1.2016: Das geplante E-Health-Gesetz sieht eine Förderung des "eArztbriefes" vor. Der Versand dieser Arztbriefe ist in vielen Praxissoftwaresystemen bereits integriert. Bestimmte Systeme sind auch plattformübergreifend kompatibel.
Die Berechtigung des Vertragsarztes zur Abrechnung der Leistungen seiner Entlastungsassistenten setzt die formelle Grundlage einer Genehmigung nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV voraus. Eine handschriftliche Anzeige der Beschäftigung eines Assistenten durch den abrechnenden Arzt auf der Sammelerklärung genügt ebenso wenig wie eine mündliche Unbedenklichkeitsauskunft eines Vertreters der Kassenärztlichen Vereinigung (SG Marburg, Urteil v. 02.09.2015 - S 16 KA 531/13).
Neben einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung darf eine vollzeitige Beschäftigung nicht ausgeübt werden (BSG, Urteil vom 22.12.2015 - B 6 KA 5/15 R).
- Honorararzt: Mit Klinik standardmäßig kooperierende externe Radiologie kann kein Wahlleistungsentgelt geltend machen: LG Stade 20-05-2015
- Entziehung der ärztlichen Zulassung wegen Betrug, Fehlern bei der Sitzverlegung und Verletzung der Sprechstundenpflicht: LSG Hamburg 07-10-2015
- Ordinationsgebühr nur abrechenbar, wenn Arzt Patienten gesehen hat: SG Marburg 18-09-2015
- E-Health-Gesetz am 3.12.2015 beschlossen - was ändert sich für den Arzt?