Ohne konkrete Anhaltspunkte ist ein Kassenarzt nicht verpflichtet, den versicherten Patienten bei einer Arzneimittelverordnung zu fragen, ob dieser sich gegenwärtig in stationärer Krankenhausbehandlung befindet (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.03.2016 - L 5 KA 41/14).
Es besteht kein Bereicherungsanspruch des Patienten für Wahlleistungsentgelte gegen einen Chefarzt ohne Liquidationsrecht bei gleichzeitigem Haftungsausschluss der Klinik für die wahlärztlichen Leistungen (BGH, Urteil v. 14.01.2016 - III ZR 107/15).
Kontrastmittel-MRT des Herzens erfordert keine stationäre Aufnahme von drei Tagen: LSG SaAh 03-09-15
Für ein MRT des Herzens mit Kontrastmitteln ist eine stationäre Aufnahme von einem Tag ausreichend. Soweit organisatorisch zwei Tage erforderlich sein sollten, weil kurzfristig ein solches MRT nicht gemacht werden konnte, hätte die Versicherte entlassen werden müssen bzw. hätte nicht aufgenommen werden dürfen. Es ist nicht erforderlich, dass die Versicherte während ihrer Bedenkzeit stationär aufgenommen ist (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 03.09.2015 - L 6 KR 69/12).
Auch wenn ein Pflegeheim Lagerungsmaßnahmen sofort oder alsbald mit Beginn der Bettlägerigkeit des Patienten ergreift, kann das Entstehen eines Dekubitus in bestimmten Fällen nicht mit Sicherheit vermieden werden, so dass dem Pflegeheim im Ergebnis kein Pflegefehler vorgeworfen werden kann. Bei bestimmten Patienten, wie zB. solchen mit schwerer Demenz, ist ein Dekubitus nämlich oft nicht vermeidbar (OLG Hamm, Urteil vom 09.09.2015 - 3 U 60/14).
Ein Arztbewertungsportal muss einen Einspruch des bewerteten Arztes gegen die Bewertung überprüfen, indem es die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersendet und ihn dazu anhält, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus muss das Portal den Bewertenden auffordern, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen (BGH, Urteil vom 1.3.2016 - VI ZR 34/15).
Drei Entscheidungen, die für Schönheitschirurgen und deren Patienten relevant sind: Das OLG Hamm entschied, dass bei der Frage des Behandlungsfehlers nicht der medizinische Standard entscheidend ist, sondern das, was als Ziel der Operation (individuell) vereinbart wurde. Die bei Schönheitschirurgen weit verbreitete Anforderung einer Vorschusszahlung wird vom OVG für Heilberufe NRW kritisch gesehen - jedenfalls muss zumindest eine den Vorgaben der GOÄ entsprechende Rechnung vorliegen. Der BGH kam in einem anderen Verfahren zu dem Schluss, dass der Chirurg sich gut überlegen muss, ob er einen Patienten mit Dysmorphophobie operiert.
Wird bei einem Patienten ein Glaukom (Grüner Star) festgestellt, hat der Augenarzt eine Operation als Behandlungsmöglichkeit zu erörtern. Unterbleibt die Indikationsstellung zur Operation, kann das als grober Behandlungsfehler zu bewerten sein. Für den Verlust der Lesefähigkeit eines Auges verbunden mit einem fortgeschrittenen Gesichtsfeldausfall kann ein Schmerzensgeld von 15.000,- angemessen sein (OLG Hamm, Urteil vom 15.01.2016 - 26 U 48/14).
Verlegt ein Arzt seinen Sitz innerhalb desselben Zulassungsbezirkes ohne vorherige Genehmigung des Zulassungsausschusses, so ist dies disziplinarrechtlich relevant und kann Honorarregresse zur Folge haben, es führt aber nicht für sich alleine genommen zum Erlöschen der ärztlichen Zulassung (Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 7.10.2015 - L 5 KA 20/13).
Der psychiatrisch oder psychotherapeutisch behandelnde Chefarzt darf die Regie über die Gesamtdiagnostik und die Therapie nicht delegieren im Sinne des § 4 Absatz 2 Satz 1 GOÄ, weil dies den Kern der ärztlichen Leistung des Wahlarztes im Sinne des § 613 BGB darstellt; er kann aber Einzelschritte der Behandlung (u.a. Visiten) delegieren, solange er das Behandlungskonzept entwickelt und überwacht, selbst regelmäßig Therapiemaßnahmen durchführt und die Behandlung im Übrigen durch Supervisionen, Nachbesprechungen und Übergabegespräche koordiniert und steuert. Vertritt ein Vertreter den Chefarzt während eines schon bei Unterzeichnung der Wahlleistungsvereinbarung bekannten Urlaubs des Chefarztes, so kann der Chefarzt für die Leistungen des Vertreters kein Wahlleistungsentgelt verlangen (OLG Celle, Urteil vom 15.6.2015 - 1 U 98/14).
Die Werbung mit „Fettreduktion durch Kälte“ stellt eine gesundheitsbezogene Werbung dar, weil die Fettreduktion durch Zerstörung von Fettzellen, mithin einen körperlichen Eingriff erfolgen soll. Die Werbung ist irreführend, weil der Werbende sich damit auf eine fachlich umstrittene Behauptung stützt, ohne die in der Literatur bestehende Gegenansicht zu erwähnen und er die Richtigkeit seiner Angabe nicht beweisen konnte, weil die von ihm zum Beleg der Werbeaussage herangezogene Studie die Werbeaussage nicht trägt. Zu den Anforderungen an wissenschaftliche Studien zum Nachweis einer medizinischen Wirksamkeit (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 – 29 U 2609/15).
Vor einer Beinverlängerungs-Operation zur Behebung einer Beinlängendifferenz ist der behandelnde Arzt verpflichtet, den Patienten über das Risiko einer Beinachsenverschiebung aufzuklären. Für diese Aufklärung reicht die Behauptung, der Patient sei "ordnungsgemäß aufgeklärt" worden, nicht aus. Eine - gemeinsam haftende - Gemeinschaftspraxis erfordert, dass die ärztlichen Leistungen von allen Ärzten der Praxis erbracht werden können. Zwar kann die Verwendung des Begriffes "wir" für die Ärzte einer Praxis sowie die Bezeichnung als "Das Team" im Sinne eines Rechtscheines nahelegen, dass eine Gemeinschaftspraxis vorliegt; eine gemeinsame Haftung aller Ärzte der Praxis aufgrund Rechtscheines erfordert aber, dass der Patient gerade Wert darauf gelegt hatte, den Behandlungsvertrag mit sämtlichen Mitgliedern der vermeintlichen Gemeinschaftspraxis zu schließen. Die nach der Operation fortbestehende Beinlängendifferenz, die Erforderlichkeit einer Zweitoperation und die bestehende Schmerzsymptomatik rechtfertigen ein Schmerzensgeld von 13.000 € (OLG Brandenburg, Urteil vom 26.11.2015 - 12 U 182/14).
Führt die zweifache Verletzung der Speiseröhre eines Patienten bei einer Halswirbeloperation zu Revisionsoperationen, dauerhaften Schluckbeschwerden und einer fünfmonatigen Ernährung über eine Magensonde, so rechtfertigt dies ein Schmerzensgeld von EUR 20.000 (OLG Hamm, Urteil vom 23.10.2015 - 26 U 182/13).
- Kosmetikinstitut haftet für Folgen von dort vermittelter und in der Türkei durchgeführter ärztlicher Brustoperation: LG Dortmund 15-10-2015
- Zur Aufklärungspflicht des Arztes über konservative Therapie als Alternative zum operativen Wirbelsäuleneingriff: KG 16-11-2015
- OLG Koblenz zu den Aufklärungspflichten eines Augenarztes bei der operativen Entfernung von Silikonöl nach Glaskörperentfernung: 21-10-2015
- Steißbeinfraktur übersehen wegen Nichterhebung von Röntgenbildern: Schmerzensgeld EUR 100.000: OLG Hamm 04-12-2015