Wird ein Patient, der eine Wahlleistungsvereinbarung für eine Chefarztbehandlung schloss, tatsächlich von einem anderen Arzt operiert, so ist die Operation mangels Einwilligung rechtswidrig. Die Klinik kann sich nicht zu ihrer Entlastung darauf berufen, der Eingriff wäre in seiner konkreten Ausführung nicht anders verlaufen, wenn ihn der Chefarzt vorgenommen hätte (Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens). Denn dieses Ergebnis widerspräche dem Schutzzweck des Einwilligungserfordernisses bei ärztlichen Eingriffen (BGH, Urteil vom 19.7.2016 - VI ZR 75/15).
Ist eine Krankenschwester auf Stundenhonorarbasis auf einer IMC-Station tätig, so ist sie zwangsläufig in die streng hierarchisch gegliederten Arbeitsabläufe der Klinik eingebunden. Wenn sie dann zudem kein wirtschaftliches Risiko übernimmt, ist sie als abhängig Beschäftigte einzustufen und nicht als Selbständige (LSG Hessen, Urteil vom 07.07.2016 - L 8 KR 297/15).
Ein Vater, der sein Einverständnis in eine künstliche Befruchtung seiner damaligen Ehefrau mit Spendersamen erteilt hat und dieses Einverständnis später nicht aktiv wiederrief, kann von dem Kinderwunschzentrum keinen Schadensersatz nach der Geburt des Kindes verlangen, wenn er sich später gegen eine künstliche Befruchtung entscheidet (LG Hamburg, Urteil vom 4.8.2016 - 316 O 318/15).
Überweist ein Vertragsarzt einem Laborarzt Patienten und erhält der Vertragsarzt dafür eine Gegenleistung von jeweils DM 0,50, so ist die Abrechnung des Laborarztes wegen Verstoßes gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt rechtswidrig und nach § 106a Abs. 2 SGB V zu korrigieren. Die Einjahresfrist zur Geltendmachung von Honorarrückforderungen nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginnt erst mit dem Abschluss der Anhörung des Laborarztes. Verzögert die Behörde dagegen die Anhörung des Laborarztes, kann die Möglichkeit zur Bescheidaufhebung jedoch verwirkt sein. Dies war vorliegend aber nicht der Fall (LSG Niedersachsen, Urteil vom 08.06.2016 - L 3 KA 6/13).
Bei der approbationsrechtlichen Prüfung der Berufserfahrung sind auch Zeiten der selbständigen ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen; dass diese Tätigkeiten - anders als bei Tätigkeiten z.B. in Kliniken - nicht üblicherweise durch Tätigkeitsnachweise belegt werden, darf dem die Approbation beantragenden Arzt nicht zum Nachteil gereichen. Für die Approbation eines Zahnarztes von grundlegender Bedeutung sind die theoretischen Kenntnisse über die Planung und die Ausführung von Behandlungsmaßnahmen und die Eingliederung von festem und herausnehmbarem Zahnersatz sowie die dazu erworbenen praktischen Fertigkeiten. Der Fertigkeit, herausnehmbaren und festsitzenden Zahnersatz selbst anfertigen zu können, kommt in der zahnärztlichen Praxis dagegen nur eine untergeordnete Bedeutung zu, weil Zahnersatz (Brücken, Prothesen, Kronen etc.) regelmäßig vom Zahntechniker, nicht aber vom Zahnarzt angefertigt wird (OVG NRW, Urteil vom 11.7.2016 - 13 A 897/15).
Die Herstellerin des Medikaments Katadolon S long ist verpflichtet, der klagenden Patientin Auskunft zu geben gemäß § 84 a AMG über sämtliche ihr bekannten Wirkungen und Nebenwirkungen des Medikaments und den davon ausgehenden schädlichen Wirkungen, soweit sie Leberschäden betreffen; sie hat ihr auch alle entsprechenden Schadensmeldungen zu übergeben (LG Zwickau, Urteil vom 17.10.2015 - 1 O 822/14).
Zur Aufgaben- und Haftungsverteilung zwischen Operateur und Anästhesist bei Brustoperation - Anästhesist ist für Überwachung der Vitalfunktionen und für Reanimation zuständig - Operateur muss ihm bei Reanimation lediglich assistieren - Schmerzensgeld von (lediglich) EUR 7.500 bei schwerwiegendem Fehler des Anästhesisten, der zu Hirnschaden und 11tägigem Klinikaufenthalt führte, in dessen Verlauf die Patientin aber nicht mehr das Bewusstsein erlangte - zur Berechnung von Unterhaltsausfall, Verdienstausfall, pompösen Beerdigungskosten und Haushaltsführungsschaden einer bekannten Sexdarstellerin im Detail - 2,0 außergerichtliche Geschäftsgebühr angemessen bei komplexer Behandlungshistorie mit gleichzeitig auf der Hand liegendem und gutachterlich festgestelltem Behandlungsfehler (LG Hamburg, Urteil vom 24.6.2016 - 303 O 173/14).
Das Versprechen eines „geschenkten Glases“ beim Kauf einer Brille mit Sehstärke stellt keine (unerlaubte) Werbegabe i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG dar. Denn das eine Glas ist eindeutig nur Teil des (entgeltlichen) Angebots einer Brille mit zwei Gläsern. Es liegt auch keine Irreführung durch ein Gratis-Angebot vor, weil durch Sternchenhinweis klargestellt wird, dass es sich in der Summe um ein entgeltliches Angebot handelt (OLG München, Urteil vom 26.6.2016 - 6 U 4300/15).
Die beharrliche Nichterfüllung der ärztlichen Fortbildungspflicht rechtfertigt die Entziehung der Zulassung. Ärztliche Fortbildungen, die nach der zweijährigen Nachfrist erbracht werden sind - wie auch schon vom Bundessozialgericht entschieden - im Gerichtsverfahren gegen die Entziehung der Zulassung nicht zu berücksichtigen (SG Marburg, Gerichtsbescheid vom 23.5.2016 - S 12 KA 2/16).
Erhält ein Augenarzt von der KV einen Arztinfobrief, in dem er über die fehlende Abrechenbarkeit bestimmter Ziffern informiert wird, so hat er umgehend zu reagieren und seine insofern fehlerhafte Abrechnung zu korrigieren. Tut er dies erst ca. vier Wochen nach Erhalt des Infobriefs, so ist dies verspätet und der Arzt muss auch einen hohen Honorarverlust (hier rund 29 %) in Kauf nehmen (SG Marburg, Urteil vom 27.4.2016 - S 16 KA 119/14).
Kliniken und niedergelassenen Ärzten/Honorarärzten droht Ungemach durch ein Urteil des LG Stuttgart, das eine verbreitete Formulierung in Wahlleistungsvereinbarungen für unwirksam erklärt (LG Stuttgart, Urteil vom 4.5.2016 - 13 S 123/15). Damit droht einer Vielzahl von erbrachten ärztlichen Wahlleistungen die Gefahr, nicht abgerechnet oder gar von den Patienten oder deren privaten Krankenversicherungen zurückgefordert werden zu können.
- Augenarzt haftet bei Aufklärungsfehler bei Augen-OP - 15.000 Euro Schmerzensgeld für Erblindung eines vorgeschädigten Auges: LG Detmold 27-04-2016
- KBV hebt Leistungsbeschränkungen für unterdurchschnittliche Job-Sharing-Praxen auf: 04-07-2016
- ärztliche Sterbehilfe bleibt (beschränkt) strafbar: Hanseatisches OLG 08-06-2016
- Abrechnungsfähigkeit von Leistungen eines zahnärztlichen Vorbereitungsassistenten: OLG München 22-06-2016