In Anbetracht der Überwachungsmöglichkeiten des elektronischen Verkehrs mache ich mir so meine Gedanken, wie ich überhaupt noch abhörsicher mit meinen Mandanten kommunizieren kann. Schließlich ist dies ja eine Pflicht des Anwaltes, über das Mandant gegenüber Dritten vollständiges Stillschweigen zu bewahren und diese Kommunikation zu schützen.

Funktelefon:

Nach allem was man liest, ist die Kommunikation per Funktelefon mit den Mandanten nicht abhörsicher. Die Geheimdienste können nicht nur ohne weiteres die Gespräche mithören. Nein, sie können auch den Inhalt des Funktelefons lesen (Kontakte, Standort des Funktelefons, E-mails etc.). Damit können sie sogar ermitteln, wo sich der Anwalt aufhält. Trifft sich der Anwalt also irgendwo mit seinem Mandanten, der z.B. ein gesuchter Verdächtiger ist, so kann es passieren, dass ihm die Polizei zu dem Treffpunkt folgt. Jeder Anwalt sollte also vor einem solchen Treffen das Funktelefon ausschalten, den Akku entnehmen und auch die SIM-Karte.

Festnetztelefon:

Auch das kann natürlich abgehört werden. Über das Festnetz kann man also keine brisanten Gespräche führen.

E-mail:

Ob die gängigen Kryptographiemodule (z.B. pgp, https) noch helfen, ist mittlerweile in Anbetracht der aktuellen Presseberichterstattung über die Zwangskooperationen zwischen den Geheimdienten und den Interntedienstanbietern und Computerherstellern stark zu bezweifeln. Pgp ist auch sehr aufwändig. Man muss auch bedenken, dass bei jedem E-mail-Verkehr für Dritte nachvollziehbar ist, dass überhaupt zwischen Anwalt und Mandant kommuniziert wurde. Jeder kann also sehen, dass da ein Bürger einen Anwalt konsultiert. Das lässt sich auch durch eine nichtssagende E-mail-Deck-Adresse des Mandanten letztlich nicht verhindern (z.B. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.). Denn er muss die E-mails ja irgendwie mit einem Endgerät abrufen, was wiederum nicht verborgen bleibt. Und kaum ein Mandant wird gewillt sein, seine E-mails vom Anwalt mit Schirmmütze und Sonnenbrille in irgendeinem Internetcafe hastig zu lesen.

Denkbar ist es dagegen (soweit man es in Kauf nimmt, dass Dritte mitlesen können, dass da überhaupt eine Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant besteht) nichtssagende E-mails zu verschicken (nur eigenes Zahlenaktenzeichen, keine namentliche Anrede etc.) und das eigentliche Anschreiben als verschlüsseltes Adobe-pdf anzuhängen (mit einem langen Passwort, das aus Zahlen, Buchstaben in groß und klein und Sonderzeichen besteht). Ich bin mir aber sicher, dass interessierte Kreise auch die Firma Adobe gezwungen haben, dort Hintertüren für die interessierten Kreise offen zu lassen.     

Zwischenfazit:

Im strafrechtlichen Bereich ist die elektronische Kommunikation mit dem Mandanten gestorben. Selbst das in Berlin gängige Anwaltsnottelefon der Strafverteidiger ist aus meiner Sicht nicht mehr möglich. Das müsste jetzt so organisiert werden, dass die Notrufe in einer office des Anwaltsvereins 24/7 zentral einlaufen und dann auf Anwälte weiterverteilt werden.

Der gute alte Brief:

Der gute alte papierene Brief erscheint mir immer noch am sichersten.

Kleines Gedankenspiel zum elektronischen Rechtsverkehr:

Mit der Einführung des zwingenden elektronischen Rechtsverkehrs (der auch für Strafsachen gellten soll) besteht die erhebliche Gefahr, dass Dritte künftig auch den Schriftverkehr der Anwälte mit den Gerichten ohne weiteres mitverfolgen können. Das wäre fatal. Sicherheitstechnisch ist der elektronische Rechtsverkehr eine Gefahr für den Mandanten.

Die elektronische Akte des Anwalts als Sicherheitsrisiko?

Die Akten des Anwalts werden ja zunehmend elektronisch geführt. Das sehe ich vor dem Hintergrund der Abhörskandale als sehr kritisch an. Wie soll der Anwalt sicher stellen, dass nicht seine gesamte Akte durch einen Einbruch in sein elektronisches Aktenführungssystem von Dritten ausgelesen wird? Aus meiner laienhaften Sicht kann der Anwalt dies nicht sicher verhindern. Aus meiner Sicht verbietet es sich, die elektronischen Akten auf externen Servern zu speichern. Zwar geschieht dies verschlüsselt, aber die Verschlüsselung gibt wie bereits ausgeführt keine Sicherheit. Eigentlich müssten die elektronischen Akten auf eigenen (natürlich nur drahtgebundenen) Servern geführt werden (1x Original, 1x Backup). Die Server müssten überdies besonders gegen Diebstahl und Feuer oder Wasserschaden geschützt sein. Man müsste also die zwei Server in zwei gepanzerten Aktenschränken unterbringen.   

Und für alle Anwälte, die schicke Anwalts-apps auf ihren ipads nutzen: Die so verarbeiteten Daten können sicherlich auch mitgelesen werden.   

Das Mandantengespräch in der Kanzlei:

Führt der Anwalt ein Mandantengespräch in seiner Kanzlei, so muss er streng genommen erhebliche Sicherheitsvorkehrungen treffen. Alle Funktelefone müssen ausgeschaltet sein, Akkus und SIM-Karten müssen entnommen werden. Der Mandant sollte diese Vorkehrungen bereits treffen, bevor er den Anwalt aufsucht. Zugleich sollte der Anwalt klassische Musik laufen lassen. Das beruhigt den Mandanten und macht ein Abhören durch Wanzen schwierig.

 Überdies müssen alle Mandantengespräche in diesem "sicheren" Rahmen geführt werden, was überaus zeitaufwändig ist.  

Kosten, nichts als Kosten

Auf die Anwälte kommen erhebliche Mehrarbeiten und Kosten zu. Wie werden diese Mehraufwendungen ausgeglichen? Wahrscheinlich gar nicht.

Wer nun meint, meine Ausführungen wären geradezu paranoid, der soll daran erinnert sein, dass wir Anwälte den für den Mandanten "sichersten Weg" gehen müssen.

Zum Glück mache ich kein Strafrecht sondern nur Medizinrecht.

Wer von den Kollegen eine zündende Idee zu dem Thema hat, kann mich gerne kontaktieren: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

(Leider kann ich keine sichere Verbindung garantieren, bedaure.)

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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